2011-01-15 15:29:42

Buchbesprechung: Erinnerungsorte des Christentums


Erinnern ist eine Grundtätigkeit des Christen, „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ ist Teil des Zentrums unseres Glaubens. Daran knüpfen die Herausgeber dieses Bandes an. Denn bei der Eucharistie, damals in Jerusalem, ist es ja nicht geblieben. Nach 2.000 Jahren Geschichte gibt es Orte, die eine eigene Bedeutung für die Kirche, den Glauben, die Geschichte und uns als Glaubensgemeinschaft angenommen haben. Diese Orte sind in dem Band versammelt. Betlehem, Genf, Jerusalem, Konstantinopel, Rom, Sinai und Wittenberg sind die ersten Artikel im Band gewidmet, es folgen Assisi, Canossa, Köln, Taizé und viele andre. Und dann die übertragenen Orte, wie die Autoren es nennen: Bibel, Politik, Familie, Inquisition und andere Topoi, die unsere Erinnerung verdichten.



Schlagen wir wahllos auf: Inquisition. Ein negativ besetzter „Ort“, an dem sich die kollektive Erinnerung resistent erweist gegen geschichtswissenschaftliche Einsichten. Immer mehr wird über die verschiedenen Inquistionen herausgefunden, aber das Bild der einen Institution, die Menschen und Bücher verbrennt, wird bis heute weitergetragen und weil es so schön kräftig ist immer neu angereichert. Es ist ein Kampfbegriff, es stellt das Böse in dieser Religion dar.



Schlagen wir ein weiteres Kapitel auf: Sinai. Ein Erinnerungsort, quasi von Gott selbst gestiftet, weil er dort geboten hat. Dort kristallisiert sich die jüdische Religion, aber auch das ganze Ringen und Abfallen von ihr, dargestellt im goldenen Kalb und dem zerstören der ersten Steintafeln.



Die einzelnen Autoren schauen sich ihre Orte an, beschreiben sie, nehmen sie genauer unter die Lupe und analysieren ihre Funktion für das Erinnern. Ein aufschlussreiches, kluges und umfassendes Buch.



Den Impetus verdankt dieser Band der Kultur- und Geschichtswissenschaft, die sich schon länger mit Erinnerungsorten beschäftigt. Die Historiker Pierre Nora und Jan Assmann sind die bekanntesten, die sich mit diesen Manifestationen von Erinnerung beschäftigt haben. Eine Sammlung christlicher Orte der Erinnerung war schon fast überfällig. Dank der Autoren haben wir sie nun vorliegen.



Zum Mitschreiben: Markschies, Christoph und Wolf, Hubert (Hg) Erinnerungsorte des Christentums. Verlag C.H. Beck München 2010, 800 Seiten, 38,- €



(rv 15.ß01.2011 ord)








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