2011-01-13 16:56:01

PID: Kein Unrecht bekämpfen, indem man ein neues schafft


RealAudioMP3 Mit der Präimplantationsdiagnostik, kurz PID, werden künstlich befruchtete Eizellen vor der Einpflanzung in den Mutterleib auf Erbkrankheiten und genetische Auffälligkeiten untersucht. Den Ärzten bietet sich die Möglichkeit, „kranke“ Embryonen nicht zu verwenden, sie abzutöten und durch „gesunde“, fehlerfreie zu ersetzen. Das bis letzten Sommer geltende Verbot der PID wurde gerichtlich aufgehoben, es muss also eine Neuformulierung des Rechts geben. In den kommenden Monaten wird der Deutsche Bundestag darüber debattieren und schließlich eine Entscheidung treffen müssen.
Pro oder contra PID, das ist also die Frage, die zurzeit in den Hinterzimmern der Bundestagsabgeordneten quer durch alle Fraktionen diskutiert wird. Karl Jüsten, Leiter des katholischen Büros in Berlin, erläutert die drei aktuellen politischen Lager in der Debatte um eine gesetzliche Lösung der PID-Frage. Da gebe es um den CDU-Abgeordneten Hinze eine erste Gruppe, die eine weiter Liberalisierung der PID fordert, also eine möglichst grenzenlose Zulassung der Technik. Zweitens gebe es eine Gruppe um die Grüne Priska Hinz und andere CDU-Abgeordnete, die nur eine begrenzte Zulassung wollen.

„Und dann gibt es eine dritte Gruppe, die sich um viele insbesondere katholische Abgeordnete des deutschen Bundestages schart, da ist etwa der Abgeordnete Singhammer von der CSU zu nennen oder Andrea Nahles von der SPD. Die wollen, dass es bei einem Verbot bleibt. Sie vertreten damit auch mehr oder weniger die Position der katholischen Kirche, und es ist jetzt ein sehr offenes Rennen und eine spannende Frage, welche Gruppe sich jetzt letztendlich durchsetzen wird.“
 
Karl Jüsten, Interessensvertreter der katholischen Kirche im Berliner Regierungsviertel, will bei diesem Rennen nichts dem Zufall überlassen. Der Lobbyist setzt im Namen der deutschen Bischöfe alles daran, unter den Parlamentariern Verbündete für ein PID-Verbot zu mobilisieren. Dabei kommt ihm der Umstand zugute, dass die Abgeordneten in der PID-Debatte über eine Frage des Lebensschutzes entscheiden:

„Da gilt in der Regel nicht der sogenannte Fraktionszwang. Da muss sich also jede Gruppe im Bundestag dann ihre Mehrheiten suchen und so tue ich das auch. Und wir sprechen also mit den katholischen Abgeordneten selbstverständlich, aber eben auch mit Abgeordneten aus anderen politischen Lagern, die möglicherweise mit uns ansonsten überquer sind. Also wir haben zum Beispiel von dem Abgeordneten Beck, mit dem wir ansonsten schon mal schwierige Diskussionen haben mit der sogenannten Homo-Ehe, gesprochen, und der unterstützt unser Anliegen vorbehaltlos. Dann sprechen wir genauso mit Vertretern der Linkspartei, die wiederum aus ganz anderen Gründen unsere Position vertreten: Für die ist eine neue Einführung der PID also eine neue Frage des Klassenkampfes.“  
Für Jüsten sind die Befürworter nicht mit überzeugenden Argumenten ausgestattet, die eine Legalisierung der PID in Deutschland rechtfertigen würden:

„denn welche Krankheit soll künftig davon betroffen sein und welche Krankheit nicht. Das können sie nicht klar abgrenzen. Sie tun sich sehr schwer, eine Positivliste zu erstellen, bei welchen Krankheiten man PID und dann eben die Folge der Tötung des Embryos zulässt.“
 
Auch das vielerseits angeführte Argument, dass mit der PID Abtreibungen verhindert würden, weist Jüsten zurück:

„Man soll jetzt nicht ein Unrecht bekämpfen, in dem man ein anderes Unrecht schafft. Wir haben in Deutschland ja die Situation der sogenannten Spätabtreibungen, die also erlaubt sind, wenn das Wohl der Mutter gefährdet ist, weil sie ein behindertes Kind erwartet. Das ist ja die rechtliche Lage. Und die halten wir als katholische Kirche schon immer für schwierig und eigentlich nicht vertretbar. Und bloß weil wir an dieser Stelle rechtlich etwas zulassen, soll man jetzt nicht ein Verfahren einführen, mit dem das also weiterhin perpetuiert wird.“ 
Über pro und contra PID wird der Deutsche Bundestag in den nächsten Monaten ausführlich diskutieren und später einen gesetzlichen Entschluss fassen. 200 bis 300 Familien und ihre ungeborenen Kinder wären pro Jahr in Deutschland betroffen. Doch eine Entscheidung über die Präimplantationsdiagnostik betrifft nicht nur sie, betont Jüsten.

„In der Tat, es geht hier um eine Grundsatzentscheidung. Und wenn es um eine Grundsatzentscheidung geht, ist natürlich auch jeder einzelne Fall wichtig und auch 200 Kinder sind 200 Kinder. Von daher ist die Frage von Zahlen eine müßige Frage.“ 
(rv 13.01.2011 cs/ord)







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