2011-01-13 19:50:36

Pakistan: Fundamentalisten planen Anti-Papst-Demo


Kirchliche Beobachter fürchten Ausschreitungen bei den für diesen Freitag geplanten Demonstrationen gegen Papst Benedikt XVI. Radikalislamische Kräfte haben landesweit zu Kundgebungen nach dem Freitagsgebet aufgerufen, weil sie in Benedikts Forderung nach einer Aufhebung des Blasphemiegesetzes eine Einmischung in pakistanische Angelegenheiten sehen. P. Andrzej Halemba ist Pakistan-Fachmann des Hilfswerkes „Kirche in Not“. Er sagte uns:

„Bei solchen Kundgebungen sind Emotionen immer sehr präsent. In Ländern wie Pakistan kommt es da gern einmal zu Gewaltakten, und ich befürchte das auch für diese Demonstration. Zumindest der Same der Gewalt wird in die Herzen vieler Menschen gesät, sodass dann vielleicht in den Dörfern und Straßen, wo Christen nicht geschützt sind, Gewalt ausbrechen kann.“

Dabei habe Pakistan eine lange Geschichte des friedlichen Zusammenlebens zwischen den Religionen, betont P. Halemba. Die Spannungen zwischen Moslems und Christen nahmen seiner Beobachtung nach vor etwa zehn Jahren ihren Anfang. Der 11. September 2001 sei die Wende für antichristliche Ressentiments gewesen.

„Die Leute vermischen oft mehrere Dinge miteinander: Gewalt in der Region - Irak, Afghanistan, Pakistan - mit der Anwesenheit US-amerikanischer und europäischer Soldaten. Das bringen sie in Beziehung mit der christlichen Bevölkerung, die aber doch seit Jahrhunderten hier leben, länger noch als die muslimische. Es ist leider leicht, die Leute in diesem Punkt zu manipulieren, also antiamerikanische Emotionen gegen Christen in Stellung zu bringen.“

Gezielt und geschickt nutze die pakistanische Politik antichristliche Gefühle für ihre Interessen. Daraus sei Kapital in Form von Wählerstimmen und Macht zu schlagen, so P. Halemba. Bestes Beispiel dafür: das Blasphemiegesetz, das eigentlich dazu da sein sollte, die religiösen Gefühle der Moslems zu schützen.

„Natürlich ist es richtig zu sagen, wir wollen nicht, dass irgendjemand Gott beleidigt. Aber die Art, das durchzusetzen und zu manipulieren, ist eine Tragödie für den islamischen Teil der Gesellschaft, und erst recht für den christlichen. Viele Leute suchen auch nach wirtschaftlichen Vorteilen. Es ist einfach, einen christlichen Geschäftspartner anzuklagen, um ihn loszuwerden, weil diese Beschuldigungen der Blasphemie sofort auf fruchtbaren Boden fallen. Das Justizsystem bringt den Christen keine Gerechtigkeit. Wer versucht, es gerechter für alle zu machen, wird nicht gehört und mitunter sogar getötet, wie kürzlich geschehen.“

Der Pakistan-Fachmann bezieht sich hier auf den Regierungschef der Region Punjab, einen prominenten Kritiker des Blasphemiegesetzes, der sich auch für die Freilassung der Christin Asia Bibi eingesetzt hatte. Er wurde vor wenigen Tagen Opfer eines Mordkomplotts. Natürlich gebe es in Pakistan tausende Beispiele eines friedlichen Zusammenlebens zwischen Moslems und Christen, betont P. Halemba: „aber die Fundamentalisten dominieren“.

„Wir sollten uns vor Augen halten, was vor 70 Jahren in der Türkei geschah. Damals gab es 38 Prozent Christen in der Türkei. Heute sind es 0,04 Prozent. Einige Länder folgen diesem Muster und versuchen, Christen so hart zu behandeln, dass sie weggehen. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen den religiösen, dafür ist der Islam fundamentalistischen Zuschnitts verantwortlich. Der zweite Grund ist einfach Selbstbereicherung. Man weiß, wenn da Christen leben, die nach Amerika, Australien oder Europa wegziehen, dann gehen sie für immer, und ihr Eigentum bleibt zurück. Man kann die Häuser, Sachen und Grundstücke einfach nehmen.“

Die Fundamentalisten, die zur Demonstration gegen den Papst aufriefen, sind in einer „Allianz zum Schutz der Ehre des Propheten“ („Tehrik Tahaffuz Namoos-i-Risalat“, TTNR) organisiert. Nach Angaben kirchlicher Beobachter planen sie, einen „Religionskrieg gegen den Papst und die Christenheit“ anzuzetteln. Die Gruppe umfasst Strömungen und Parteien, die sich im Zug der Causa Asia Bibi gefunden haben. Die Christin ist die erste Frau, die aufgrund des Blasphemiegesetzes zum Tod verurteilt wurde, ihr Schicksal ist weiterhin ungewiss. Was kann die Kirche tun, um in der aufgeheizten Lage in Pakistan beschwichtigend zu wirken? Immerhin, ihr Einsatz für Schulbildung und die Katastrophenhilfe, beide auch für Moslems, wurden breit geschätzt, beobachtet P. Halemba. Auf einer höheren Ebene sei aber Druck von außen die wirksamere Methode.

„Die Leute sehen, dass die christlichen Kirchen und die internationalen Organisationen nun die Sache der Christenverfolgung mehr im Blick haben. Diese versuchen, die Christen unter einen wirksameren Schutz zu bekommen, indem sie Druck auf die Regierung ausüben und auf die Einhaltung des internationalen Rechts pochen und genau überwachen, was geschieht. Das ist die Hoffnung.“

(rv/fides 14.01.2011 gs)









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