Kardinal Schönborn: Christsein heute - bewusst und entschieden
Die Kirchenaustritte
in letzter Zeit sind von den Missbrauchsskandalen mitbedingt, aber ihre Ursachen liegen
tiefer. So kommentierte der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn die neuesten
Eckdaten zum kirchlichen Leben seines Bistums, die an diesem Dienstag in Wien vorgestellt
wurden. Gesellschaftliche Entwicklungen trügen auch ihren Teil zu der Entwicklung
bei:
„Zugehörigkeit zur Kirche ist vergleichbar mit der Zugehörigkeit zu
anderen Interessengemeinschaften und politischen Parteien ist eine Sache der Wahl
und nicht mehr der Tradition. Unser österreichisches Kirchenbeitragssystem bewirkt
zudem, dass man sich jedes Jahr entscheiden muss, ob es mir das Wert ist, dabei zu
sein, wenn ich einen Erlagschein bekomme, eine Aufforderung, meinen Beitrag zu dieser
Glaubensgemeinschaft zu zahlen.“
Dieses Entscheidungschristentum, das sich
in dieser Entwicklung zeigt, hat mit den Austritten zunächst negative Folgen, aber
nicht nur:
„Was zeigt das? Dass die Kirche in diesem Land nicht mehr die
Traditionskraft ist, die sie jahrhundertelang war. Das ist schmerzlich und es schmerzt
jeder Kirchenaustritt, aber auf der anderen Seite ist das auch das Zeichen einer neuen
Freiheit, mit der wir umzugehen lernen müssen und die auch ihre guten Seiten hat.
Heute ist jemand, der bei der Kirche bleibt, bewusst und entschieden, dabei zu bleiben“