Sexueller Missbrauch
wird wohl auch 2011 die katholische Kirche beschäftigen. Die deutschen Bistümer warten
aber nicht ab sondern richten sich ein. Diözesen, die bisher keine entsprechende Fachstelle
haben, werden den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz folgen. Sie sehen vor,
dass die Ansprechpartner nicht der Bistumsleitung angehören sollen.
Aus Sicht
des Rottenburger Bischofs Gebhard Fürst hat der Missbrauchsskandal um katholische
Geistliche die Kirche generell in den vergangenen Monaten stark verändert: „So schlimm
die Abgründe auch sind, in die wir hineinschauen mussten – sie haben auch eine heilsame
Erschütterung bewirkt“, sagte Bischof Fürst vor Kurzem der Nachrichtenagentur dpa.
„Wir sind selbstkritischer und demütiger geworden. Wir sind auch wieder sensibler
geworden für die Fragen, die Nöte und für die Kritik der Menschen.“
Das süddeutsche
Erzbistum Freiburg hat nun Angelika Musella zur neuen externen Ansprechperson ernannt.
Sie soll sich mit Verdachtsfällen auf sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch
Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen
Dienst auseinandersetzen. Sie freue sich auf diese Stelle, so Musella im Interview
mit Nicole Stroth.
„Ich habe gleich gesagt, dass ich dieses Amt gerne übernehme.
Ich habe ja bereits einige Erfahrung gesammelt, weil ich die gleiche Funktion bei
der Caritas der Stadt Freiburg. Dort bin ich eine unabhängige externe Stelle, wo sich
Menschen hinwenden können, die mit sexuellem Missbrauch oder körperlichen Übergriffen
konfrontiert sind. Sei dies als Opfer oder Familienangehöriger oder als Zeuge.“
Die
Juristin war vor ihrer Zeit als Anwältin bei einem großen Schweizer Lebensmitteldiscounter
tätig und ist in Freiburg auch als Vorstand der Fördergesellschaft der Klinik für
Tumorbiologie ehrenamtlich tätig. Ihre neue Aufgabe sieht folgendermaßen aus:
„Das
läuft so ab, dass ich mit den Tätern und Opfern oder Eltern und Verwandte treffe,
damit sie bei mir Rat holen können. Auch bei der Caritas war es so, dass sich Menschen
einfach an mich wenden konnten. Da kommen Fragen wie: ist das schon ein Übergriff?
Muss ich da etwas tun? Wie ist das mit der Schweigepflicht? Das sind meistens die
ersten Fragen. Aber auch Täter selber sind mit der Belastung konfrontiert. Da kommt
die Frage auf, ob eine Selbstanzeige angebracht sei. Danach folgen Gespräche. Meist
sind die ersten Gespräche mit den Opfern. Da versuche ich, sehr genau hinzuhören.
Alles wird protokolliert. Und dann versuche ich mit dem potentiellen Täter zu sprechen.
Nicht immer gelingt das.“
Die Freiburger Rechtsanwältin löst den bisherigen
Missbrauchsbeauftragten Domkapitular Eugen Maier ab. Musellas Ziele:
„Ich
glaube, ganz wichtig ist, dass die Menschen Vertrauen bekommen. Deshalb machen externe
Beauftragte auch sehr viel Sinn. Ich möchte eine Ansprechperson für alle sein, die
in irgendeiner Weise mit diesem Thema zu tun haben.“