Auslandsseelsorger Schroedel: „Kommt nach Ägypten!“
Unter verschärften
Sicherheitsvorkehrungen hat in Ägypten und in mehreren europäischen Ländern am Donnerstagabend
das koptische Weihnachtsfest begonnen. Die Angst der Christen ist besonders in Ägypten
groß, und dennoch ziehen die Kopten aus dem Bombenattentat vom Neujahr Glaubensstärke.
Das beobachtet Joachim Schrödel, Seelsorger der deutschsprachigen Gemeinde in Kairo.
Im Gespräch mit dem Kölner Domradio sagte er:
„Die Kopten, die ich kenne,
auch die ganz einfachen, sagen, das was geschehen ist, ist schrecklich und es tut
uns leid. Aber zugleich sagen sie genauso, diese 22-23 Menschen, die zu Tode gekommen
sind, sind Märtyrer für unseren Glauben. Und das meinen sie von ganzem Herzen so und
der alte Spruch: das Blut der Märtyrer ist Samen für neue Christen - da bin ich fest
überzeugt, ist auch heute noch sehr, sehr gültig.“
Schroedel selbst besucht
in diesen Tagen verschiedene koptische Weihnachtsgottesdienste im ganzen Land. Um
die Christen vor Ort zu stärken, wünscht sich der Auslandsseelsorger konkrete Zeichen
der Solidarität auch durch Katholiken aus dem Ausland:
„Mein Traum wäre,
wenn in den nächsten Monaten der ein oder andere deutsche Bischof oder sogar Kardinal
für ein paar Tage nach Ägypten käme, die Muslime besuchen und natürlich die christlichen
Führer. Und zu zeigen, wir verbalisieren nicht nur, sondern wir agieren auch ganz
mit persönlichem Einsatz.“
Der große Imam der Al Azhar-Moschee, Ahmed Tayyeb,
überbrachte am Donnerstagabend dem geistigen Oberhaupt der ägyptischen Kopten, Papst
Shenouda III., persönliche Wünsche zum koptischen Weihnachtsfest. Der Imam kam dazu
in die St. Markus-Kathedrale in Kairo. Solidarität in der muslimischen Welt komme
derzeit vor allem aus intellektuellen Kreisen, beobachtet Schroedel.
„Gerade
auf der Schiene der Intellektualität der Ägypter spürt man das sehr, sehr deutlich.
Dass sie sogar zu den Christen kommen und sagen, dass tut uns leid und das darf nicht
sein. Mich haben sehr viele Freunde angerufen, die gesagt haben, wir gehen in die
Weihnachtsmessen der koptischen Kirche als Muslima, um zu zeigen, das darf in Gottes
Namen nicht sein.“
Das Attentat habe sich durch viele kleinere Auseinandersetzungen
in der letzten Zeit schon angekündigt, so der Seelsorger. Und auch jetzt sei die Spannung
hoch: Um die blutige Attacke zu verurteilen, mit der eine „neue Qualität“ in der Aggression
gegen Christen in Ägypten erreicht worden sei, gingen viele Christen in diesen Tagen
auf die Straße. In Hysterie dürfe man jetzt nicht verfallen – das sagten im Übrigen
auch viele Muslime, so Schroedel. Allerdings müsse der ägyptische Staat die Aggression
gegen Christen im eigenen Land ernster nehmen:
„Andererseits muss man selber
deutlich sagen, dass der Staat, glaube ich, ab diesem Anschlag von der Neujahrsnacht
nicht mehr blind sein kann und sozusagen diese Auseinandersetzungen immer nur als
vereinzelte Probleme ansehen kann. Da muss der Staat mit dem Geheimdienst und allen
zur Verfügung stehenden Mitteln vorgehen, damit militante islamistische Gruppen hier
keine Möglichkeit haben.“