2011-01-06 11:10:45

Vatikan/Sudan: „Es muss nicht zwangsläufig Krieg geben“


Wenn beim bevorstehenden Referendum im Sudan der Süden des Landes für die Unabhängigkeit stimmt, muss das nicht zwangsläufig zum Krieg führen. Das denkt Kardinal Peter Turkson, der Präsident des päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden. Im Gespräch mit uns sagte der aus Ghana stammende „Entwicklungsminister“ des Heiligen Stuhles:

„Die Entscheidung, die ab Sonntag fallen wird, ist folgenreich. Viele Faktoren beeinflussen sie. Einen neuen Staat zu gründen, ist ja kein alltäglicher Schritt. Im Süden denken viele, es gibt keinen Weg, mit dem Norden weiterhin friedlich zusammenzuleben. Da geht es um Respekt für die Würde der Personen und um Anerkennung ihrer Rechte, sowie um die Tatsache, dass der Norden – auch aufgrund von Migration - muslimisch geprägt ist, der Süden aber christlich. Dennoch erwarte ich nicht, dass es zum Krieg kommt.“

Dabei ortet Turkson mindestens zwei mögliche Kriegsszenarien. Nicht nur zwischen einem nach Unabhängigkeit strebenden Süden und einem Norden, der den Süden nicht ziehen lassen will, könnten Feindseligkeiten ausbrechen, sondern auch zwischen verschiedenen Gruppen des Südens.

„Der Sudan ist kein demographisch homogenes Land. Da können auch Stammes- oder ethnische Elemente eine Rolle spielen“.

Viele Beobachter erwarten ein breites „Ja“ der Südsudanesen für die Unabhängigkeit. Doch wie immer das Referendum ausgeht: das Gebot der Stunde für den Sudan, Norden wie Süden, ist es, eine fähige politische Führung zu haben, meint der afrikanische Kurienkardinal.

„Wenn der Süden wegbricht, wäre die größte Aufgabe, eine Führung zu entwickeln, die allen Gruppen das Gefühl gibt, dazuzugehören. Sodass es keine interethnischen oder Stammeskonflikte im Süden mehr gibt. Das ist die Herausforderung an die neue Führung. Aber wenn sich der Süden NICHT abspaltet, ist es dieselbe Herausforderung. Dann muss die Führung in Khartoum sicherstellen, mehr als bisher, dass der Sudan EIN Land ist und alle Teile der Bevölkerung das Gefühl bekommen, ihre Rechte werden respektiert. In beiden Hypothesen geht es um gute politische Führung. Wenn es die gibt, sollten wir nicht über Krieg reden, sondern stattdessen über die Menschen, die entschieden haben, sich abzuspalten oder dabei zu bleiben und nun versuchen, im Frieden zu leben, egal ob als eigener Staat oder als Teil des Sudan.“
(rv 05.01.2011 gs)









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