2011-01-05 13:19:57

Ägypten: Nach Attentat erhöhte Sicherheitsmaßnahmen


Nach dem blutigen Anschlag auf koptische Christen in Alexandria erhöht Ägypten seine Sicherheitsmaßnahmen. Am Flughafen von Kairo wurde die Polizeipräsenz verstärkt, die Kontrollen sollen „drakonisch“ sein. Beim Anschlag in der Silvesternacht wurden 23 Kopten in den Tod gerissen und mehr als siebzig weitere verletzt. In der wichtigen sunnitischen al-Azhar-Universität von Kairo, Al-Azhar, fand am Mittwoch ein Solidaritäts-Sit-in für die Kopten statt. Daran nahm auch der Großimam der Al-Azhar, Ahmed Tayyeb, teil.

Nach Anschlagsdrohungen wurden jetzt auch die Sicherheitsvorkehrungen bei Einrichtungen von Kopten in mehreren europäischen Ländern verstärkt - so in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Österreich. Es wird befürchtet, dass Kopten in der Nacht zum 7. Januar, dem Weihnachts-Höhepunkt für orthodoxe Christen, erneut zur Zielscheibe für Terroranschläge werden könnten.

Der italienische Außenminister Franco Frattini spricht sich für einen „EU-Aktionsplan für den interreligiösen Dialog“ aus. Er werde das Thema in Brüssel ansprechen, kündigte er in einer italienischen Zeitung an. Frankreich, Deutschland, Spanien und weitere EU-Länder seien schon einverstanden. Der Europäische Rat werde sich auf seine Initiative am Monatsende mit der Frage des Schutzes von christlichen Minderheiten beschäftigen. Die französische Außenministerin Michele Alliot-Marie ruft die EU zu einem koordinierten Vorgehen zum Schutz der Christen im Nahen Osten auf. Sie habe ein entsprechendes Schreiben an die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton gerichtet. „Wir sind über das Stadium hinausgekommen, in dem man nur seine Bestürzung oder seine Trauer äußert“, so die Außenministerin. Jetzt müssten konkrete Taten folgen. So hätten seit Beginn des Irak-Krieges 2003 die kurdischen Gemeinschaften im Norden des Landes rund 200.000 Christen aufgenommen. Es müsse nach Wegen gesucht werden, wie ihnen bei der Aufnahme dieser Bevölkerungsgruppe geholfen werden könne. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso verurteilte am Mittwoch in Brüssel den Anschlag von Alexandria.

Der koptisch-orthodoxe Bischof für Deutschland, Anba Damian, hat deutliche Kritik an der deutschen Politik geäußert. Deren Statements nach dem Terroranschlag von Alexandria seien „sehr blass, oberflächlich und enttäuschend“, sagte Damian in einem Interview der Tageszeitung „Die Welt“. Von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) fühle er sich „gekränkt“. Mit der Arbeit des Bundesinnenministeriums äußerte sich der Geistliche ausdrücklich zufrieden. Damian kritisierte Niebels Festhalten an der bisherigen deutschen Entwicklungshilfe für Ägypten. Die Kopten würden von dieser Hilfe „so gut wie ausgeschlossen“, während die Mittel der ägyptischen Regierung in islamische Institutionen flössen. „Da wäre es fair zu fragen, wohin die Gelder gehen und was man dadurch bewirkt“, meinte der Bischof. Er forderte die deutsche Politik auf, sich für die Menschenwürde und die Menschenrechte der Kopten in Ägypten einzusetzen.

Als „ausgezeichnet und zielführend, aber nicht realistisch“ bewertete Damian die Forderung von Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU), mit Entwicklungshilfegeldern christliche Projekte in Ländern mit für Christen schwierigen Lebensbedingungen gezielt zu fördern. Allerdings sei es vernünftig und ein wichtiges Mittel, Entwicklungshilfe an den Menschenrechtsschutz zu knüpfen. Wenn aber bekannt würde, dass die Kopten in Ägypten staatliche Förderung erhielten, würde Gebern und Empfängern „eine Hasswelle entgegenschlagen“.

Derweil hat sich auch der deutsche Islamverband Ditib bestürzt über das Attentat von Alexandria geäußert. „Wir hoffen, dass die schmerzlichen Wunden, die dieser hinterhältige Anschlag gerissen hat, alsbald heilen werden“, so ein Ditib-Statement vom Mittwoch.

Mit einem Requiem in der koptisch-orthodoxen Kirche von Jerusalem haben am Dienstag Kirchenvertreter verschiedener Konfessionen der Opfer des Attentats auf koptische Christen in Ägypten gedacht. Einhellig verurteilten sie die Gewalt und riefen zu Einheit und Frieden auf. Eingeladen zu dem Trauergottesdienst hatte der Erzbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Jerusalem, Anba Abraham. Zudem nahmen Repräsentanten des Islam und der Palästinensischen Autonomiebehörde teil. Zu den Anwesenden zählten unter anderen der päpstliche Nuntius in Israel, Erzbischof Antonio Franco, der evangelisch-lutherische Bischof von Jerusalem, Munib Younan, ein Berater von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Repräsentanten des armenisch-orthodoxen und des griechisch-orthodoxen Patriarchats. Der Nuntius betonte auf Anfrage, Taten wie die von Alexandria gingen von einzelnen fundamentalistischen Gruppen aus und dürften nicht zu einer Islamophobie führen. Nach seiner Einschätzung fördern die blutigen Angriffe auf die christliche Minderheit im Nahen Osten aber auch bei den Christen im Heiligen Land Unruhen.
Eine Delegation französischer Muslime will am Freitag am Gottesdienst zum koptischen Weihnachtsfest in Chatenay-Malabry bei Paris teilnehmen. „Wir haben uns entschlossen, eine Delegation zu unseren koptischen Brüdern zu entsenden“, sagte der Präsident des französischen Islamrates, Mohammed Moussaoui, am Mittwoch im Rundfunksender „Europe1“.
(div/rv 05.01.2011 sk)







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