Ägypten: Nach Attentat erhöhte Sicherheitsmaßnahmen
Nach dem blutigen Anschlag auf koptische Christen in Alexandria erhöht Ägypten seine
Sicherheitsmaßnahmen. Am Flughafen von Kairo wurde die Polizeipräsenz verstärkt, die
Kontrollen sollen „drakonisch“ sein. Beim Anschlag in der Silvesternacht wurden 23
Kopten in den Tod gerissen und mehr als siebzig weitere verletzt. In der wichtigen
sunnitischen al-Azhar-Universität von Kairo, Al-Azhar, fand am Mittwoch ein Solidaritäts-Sit-in
für die Kopten statt. Daran nahm auch der Großimam der Al-Azhar, Ahmed Tayyeb, teil.
Nach
Anschlagsdrohungen wurden jetzt auch die Sicherheitsvorkehrungen bei Einrichtungen
von Kopten in mehreren europäischen Ländern verstärkt - so in Deutschland, Frankreich,
den Niederlanden und Österreich. Es wird befürchtet, dass Kopten in der Nacht zum
7. Januar, dem Weihnachts-Höhepunkt für orthodoxe Christen, erneut zur Zielscheibe
für Terroranschläge werden könnten.
Der italienische Außenminister Franco Frattini
spricht sich für einen „EU-Aktionsplan für den interreligiösen Dialog“ aus. Er werde
das Thema in Brüssel ansprechen, kündigte er in einer italienischen Zeitung an. Frankreich,
Deutschland, Spanien und weitere EU-Länder seien schon einverstanden. Der Europäische
Rat werde sich auf seine Initiative am Monatsende mit der Frage des Schutzes von christlichen
Minderheiten beschäftigen. Die französische Außenministerin Michele Alliot-Marie ruft
die EU zu einem koordinierten Vorgehen zum Schutz der Christen im Nahen Osten auf.
Sie habe ein entsprechendes Schreiben an die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton
gerichtet. „Wir sind über das Stadium hinausgekommen, in dem man nur seine Bestürzung
oder seine Trauer äußert“, so die Außenministerin. Jetzt müssten konkrete Taten folgen.
So hätten seit Beginn des Irak-Krieges 2003 die kurdischen Gemeinschaften im Norden
des Landes rund 200.000 Christen aufgenommen. Es müsse nach Wegen gesucht werden,
wie ihnen bei der Aufnahme dieser Bevölkerungsgruppe geholfen werden könne. EU-Kommissionspräsident
Jose Manuel Barroso verurteilte am Mittwoch in Brüssel den Anschlag von Alexandria.
Der
koptisch-orthodoxe Bischof für Deutschland, Anba Damian, hat deutliche Kritik an der
deutschen Politik geäußert. Deren Statements nach dem Terroranschlag von Alexandria
seien „sehr blass, oberflächlich und enttäuschend“, sagte Damian in einem Interview
der Tageszeitung „Die Welt“. Von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) fühle er sich
„gekränkt“. Mit der Arbeit des Bundesinnenministeriums äußerte sich der Geistliche
ausdrücklich zufrieden. Damian kritisierte Niebels Festhalten an der bisherigen deutschen
Entwicklungshilfe für Ägypten. Die Kopten würden von dieser Hilfe „so gut wie ausgeschlossen“,
während die Mittel der ägyptischen Regierung in islamische Institutionen flössen.
„Da wäre es fair zu fragen, wohin die Gelder gehen und was man dadurch bewirkt“, meinte
der Bischof. Er forderte die deutsche Politik auf, sich für die Menschenwürde und
die Menschenrechte der Kopten in Ägypten einzusetzen.
Als „ausgezeichnet und
zielführend, aber nicht realistisch“ bewertete Damian die Forderung von Unions-Fraktionschef
Volker Kauder (CDU), mit Entwicklungshilfegeldern christliche Projekte in Ländern
mit für Christen schwierigen Lebensbedingungen gezielt zu fördern. Allerdings sei
es vernünftig und ein wichtiges Mittel, Entwicklungshilfe an den Menschenrechtsschutz
zu knüpfen. Wenn aber bekannt würde, dass die Kopten in Ägypten staatliche Förderung
erhielten, würde Gebern und Empfängern „eine Hasswelle entgegenschlagen“.
Derweil
hat sich auch der deutsche Islamverband Ditib bestürzt über das Attentat von Alexandria
geäußert. „Wir hoffen, dass die schmerzlichen Wunden, die dieser hinterhältige Anschlag
gerissen hat, alsbald heilen werden“, so ein Ditib-Statement vom Mittwoch.
Mit
einem Requiem in der koptisch-orthodoxen Kirche von Jerusalem haben am Dienstag Kirchenvertreter
verschiedener Konfessionen der Opfer des Attentats auf koptische Christen in Ägypten
gedacht. Einhellig verurteilten sie die Gewalt und riefen zu Einheit und Frieden auf.
Eingeladen zu dem Trauergottesdienst hatte der Erzbischof der koptisch-orthodoxen
Kirche in Jerusalem, Anba Abraham. Zudem nahmen Repräsentanten des Islam und der Palästinensischen
Autonomiebehörde teil. Zu den Anwesenden zählten unter anderen der päpstliche Nuntius
in Israel, Erzbischof Antonio Franco, der evangelisch-lutherische Bischof von Jerusalem,
Munib Younan, ein Berater von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Repräsentanten
des armenisch-orthodoxen und des griechisch-orthodoxen Patriarchats. Der Nuntius betonte
auf Anfrage, Taten wie die von Alexandria gingen von einzelnen fundamentalistischen
Gruppen aus und dürften nicht zu einer Islamophobie führen. Nach seiner Einschätzung
fördern die blutigen Angriffe auf die christliche Minderheit im Nahen Osten aber auch
bei den Christen im Heiligen Land Unruhen. Eine Delegation französischer Muslime
will am Freitag am Gottesdienst zum koptischen Weihnachtsfest in Chatenay-Malabry
bei Paris teilnehmen. „Wir haben uns entschlossen, eine Delegation zu unseren koptischen
Brüdern zu entsenden“, sagte der Präsident des französischen Islamrates, Mohammed
Moussaoui, am Mittwoch im Rundfunksender „Europe1“. (div/rv 05.01.2011 sk)