Bei einem Bombenattentat auf koptische Christen in Alexandria sind in der Silvesternacht
17 Menschen getötet worden; 43 weitere wurden nach Medienangaben zum Teil schwer verletzt.
Ein Sprengsatz explodierte am Samstag kurz nach Mitternacht, als die Besucher einer
Neujahrsmesse in Alexandria aus der Kirche kamen. Nach der Tat lieferten sich wütende
Christen nach Angaben der Polizei und von Augenzeugen Strassenkämpfe mit den Sicherheitskräften
und stürmten eine nahe gelegene Moschee. An der Messe hätten fast 1.000 Menschen teilgenommen,
sagte der koptische Priester Mena Adel. Nach dem Gottesdienst seien die Besucher auf
die Strasse geströmt. „Ich war drinnen und habe eine starke Explosion gehört“, so
der Geistliche. „Menschen standen in Flammen.“ Augenzeugen berichteten, vor der Kirche
habe die zerstörte Karosserie eines Autos gestanden, im Umkreis hätten Leichen gelegen,
zahlreiche Menschen seien verletzt worden. Die Polizei ging zunächst von einem mit
Sprengstoff beladenen Auto aus; mittlerweile sprechen die Behörden aber von einem
Selbstmordattentäter.
Das christliche Gotteshaus und die nahegelegene Moschee
wurden durch die Explosion beschädigt. Wie das Innenministerium mitteilt, sind unter
den Verletzten auch Muslime. Medien hatten zunächst von 21 Toten gesprochen; mittlerweile
gehen die Behörden von 17 Todesopfern aus. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag.
Der Gouverneur von Alexandria, Adel Labib, gab umgehend dem Terrornetzwerk Al-Kaida
die Schuld an der Tat. Das Innenministerium sprach am Samstag von „ausländischen Elementen“,
die für das Attentat verantwortlich seien. Präsident Hosni Mubarak rief wenige Stunden
nach der Bluttat zur Einheit auf: „Die Söhne Ägyptens, ob Kopten oder Moslems, sollten
jetzt gegen den Terrorismus zusammenstehen.“ Ein Sprecher der Kairoer Universität
Al-Azhar, der wichtigsten Autorität im sunnitischen Islam, nannte den Anschlag von
Alexandria einen „Angriff auf die nationale Einheit Ägyptens“. Eine Verurteilung des
Massakers kommt auch von den fundamentalistisch orientierten „Muslimbrüdern“. Auf
ihrer Homepage sprechen sie von einem „gefährlichen Verbrechen“ und schreiben wörtlich:
„Keine Religion kann so ein Verbrechen gutheißen, erst recht nicht der Islam, der
den Schutz des Lebens, der Ehre und der Güter auch von Nicht-Muslimen fordert.“
Die
Kopten sind die grösste christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten. Sie machen
ungefähr zehn Prozent der 80 Millionen Einwohner im überwiegend muslimischen Ägypten
aus und sehen sich im Alltag Diskriminierungen und Benachteiligungen ausgesetzt. In
den vergangenen Jahren gab es in verschiedenen Teilen Ägyptens immer wieder tödliche
Auseinandersetzungen zwischen Kopten und Muslimen. Die gleiche Kirche in Alexandria
geriet bereits 2006 in die Schlagzeilen, nachdem ein Messerstecher Gottesdienstbesucher
angegriffen hatte. Syrien hat am Samstag das Attentat von Alexandria heftig verurteilt.
Schon die Parlamentswahlen vor wenigen Wochen waren in Ägypten von starken, auch religiösen,
Spannungen begleitet gewesen; im September 2011 stehen nun Präsidentenwahlen an.
Ein
Regierungs-Statement aus Damaskus spricht von einer Attacke „auf den religiösen Pluralismus
in Ägypten und in anderen arabischen Staaten“. Syrien stehe an der Seite Ägyptens,
„um gemeinsam Front gegen den Terrorismus zu machen“. Bestürzung über die Nachricht
aus Alexandria kommt auch vom französischen Außenministerium und vom Primas der anglikanischen
Weltkirche, Erzbischof Rowan Williams von Canterbury.