2010-12-31 15:53:26

Österreich: „Die Mitte der Kirche stärken“


Trotz aller Krisen und Herausforderungen: Christen können mit Zuversicht und Hoffnung den Jahreswechsel begehen. Das unterstreichen Österreichs Bischöfe in ihren Predigten zu Silvester. Darin gehen sie in der Regel auch auf den Umgang mit Missbrauchsfällen im kirchlichen Bereich ein - und auf den sprunghaften Anstieg der Kirchenaustritte im zu Ende gehenden Jahr. Hoffnungszeichen sehen die Bischöfe darin, dass die Kirche nach wie vor weltweit eine „große Kraft für Frieden, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit“ ist, die weite Teile der Gesellschaft „beseelt und mitträgt“.

Bischof Egon Kapellari von Graz-Seckau rät dazu, „die Mitte der Kirche zu stärken und von dort aus den Blick in die Höhe und Tiefe des christlichen Glaubens zu öffnen: auf Jesus Christus selber“. Erst von dieser Mitte der Kirche sei „eine katholische Synthese zwischen sogenannten Reformern und Bewahrern, zwischen sogenannten Liberalen und Konservativen denkbar und auch möglich“, so der stellvertretende Vorsitzende der Bischofskonferenz. Aus der Kraft dieser Mitte und Tiefe müsse auch ein „neues katholisches Selbstbewusstsein, ohne Arroganz und ohne Illusion“ erwachsen. Es sei eine schmerzliche Tatsache, dass viele Katholiken in diesem Jahr aus der Kirche ausgetreten sind. Die Entscheidung des einzelnen sei zu respektieren; dennoch gebe die Kirche die Hoffnung nicht auf, dass die Ausgetretenen wieder einmal zurückkehren werden. Wer von der Kirche fortgehe, der schwäche eine Kraft, „die Europa auch heute mehr zusammenhält, als allgemein bewusst ist; er vergrößert einen Hohlraum, der in Gefahr ist, von Kräften ausgefüllt zu werden, die auch edlen Agnostikern als gefährlich erscheinen“, gab der Grazer Bischof zu bedenken.

Auch der St. Pöltner Bischof Klaus Küng ging in seiner Silvesterpredigt darauf ein, dass die Kirche „ein eher schwieriges Jahr“ erlebt habe und durch die bekanntgewordenen Missbrauchsfälle „regelrecht in Misskredit“ geraten sei. Dies habe sich in ganz Österreich in den hohen Austrittszahlen niedergeschlagen. In diesem Zusammenhang meinte Bischof Küng, dass damit eine schon längere Entwicklung deutlicher geworden sei, wonach sich in den letzten Jahrzehnten „viele Menschen von der Kirche innerlich entfernt“ hätten. „Anlassfälle wie das Vorkommen von Missbrauch, innerkirchliche Turbulenzen, aber auch lehramtliche Stellungnahmen, die den Kontrast zwischen verbindlicher Lehre und der mehrheitlichen Lebenspraxis deutlich erkennen lassen, führen zum Zerreißen des brüchig gewordenen Bandes“, diagnostizierte Küng.

Zwar gebe es „nicht wenige positive Lebenszeichen in der Kirche“ - exemplarisch nannte der St. Pöltner Bischof die Jugendwallfahrt und den Kongress der Pfarrgemeinderäte in Mariazell sowie die Gebetsinitiative „33 Schritte“ - aber es sei notwendig, „einen tiefer gehenden Besinnungsvorgang einzuleiten“. Anlass dafür sei die feststellbare „große Gefahr der Relativierung“, die fast alle Inhalte der Glaubens- und der Sittenlehre betreffe und in Gesellschaft und Kirche „fast selbstverständlich“ geworden sei. Die nötige „Grundbesinnung“ müsse von konkreten Fragen nach der Beziehung zu Gott, zum Nächsten, zu sich selbst, zum Evangelium sowie zur Lehre der Kirche und den daraus entspringenden Konsequenzen getragen sein. Die „Erneuerung der Buß- und Beichtpraxis“ sei daher ein wichtiges Ziel in der kommenden Fastenzeit, kündigte Bischof Küng an.
(kap 31.12.2010 sk)







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