Die Deutsche Caritas
kritisiert die angekündigten Lockerungen bei der ärztlichen Sterbebegleitung. Caritaspräsident
Peter Neher erwartet wachsenden Druck auf Mediziner, sollte die Neuregelung kommen.
Wie an diesem Montag bekannt wurde, will die Bundesärztekammer die standesrechtlichen
Richtlinien für ärztliche Sterbebegleitung lockern und damit die ärztliche Beihilfe
zum Suizid erleichtern. Demnach soll der Arzt fortan nach eigenem Gewissen über den
Tod des Patienten entscheiden; bisher war die Beihilfe zum Suizid für Mediziner nicht
strafbar, aber zumindest durch das Berufsrecht als unethisch verboten. Im Interview
mit dem Domradio Köln kritisiert Caritaspräsident Neher die Pläne:
„Ich
halte das für keinen geeigneten Weg, Menschen im Sterben zu begleiten. Im Gegenteil.
Ich denke, dass das sogar den Druck auf die Ärzte weiter verstärkt und tatsächlich
noch mal ein ethisch verantwortetes Sterben erschwert. Wir müssen alles tun, um Menschen
darin zu unterstützen und zu begleiten, den wirklich schwersten Weg des Lebens auch
tatsächlich noch in Würde zu gehen. Und da sind ganz andere Dinge notwendig, wie die
in Deutschland weiterentwicklungsfähige Palliativmedizin zu verstärken und zu unterstützen.
Darin sehe ich einen Weg. Aber nicht, indem die Selbsttötung hoffähig gemacht wird.“
Neher
würdigt in diesem Zusammenhang die Arbeit der Hospizbewegung, die in den Bereichen
Bewusstseinsbildung, Schmerzbekämpfung und Palliativmedizin „in den letzten Jahrzehnten
Enormes geleistet“ habe. Mit den möglichen neuen Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung
sieht der Theologe Neher sowohl den Arzt als auch die Angehörigen des Sterbenden in
einer schwierigen Situation.
„Letztlich steht im Hintergrund, dass der
Arzt mehr Möglichkeiten haben sollte, auf schwierige Situationen zu reagieren. Aber
das hier tatsächlich auf die Gewissensebene des Arztes zu schieben, da befürchte ich,
dass das Vertrauensverhältnis zum Patienten und zu den Angehörigen enorm belastet
wird. Und der Arzt in einen ganz neuen Gewissenskonflikt kommt: Wenn nämlich von ihm
erwartet wird, das zu tun, was er vielleicht gar nicht will.“
Auch die
Deutsche Hospiz Stiftung warnte vor den Plänen der Bundesärztekammer. Damit würde
Kammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe Ärzte in ein ethisches Dilemma stürzen, kritisierte
der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation, Eugen Brysch, in der
„Aachener Zeitung“. „Wenn Hoppe das ethische Verbot, eine Selbsttötung ärztlich zu
begleiten, streichen will, müsste er sagen, was stattdessen kommen soll“, sagte Brysch.
Doch niemand sei in der Lage, Leiden zu objektivieren: „Soll es hierüber einen 'Leidenskatalog'
geben? Dann müsste die Bundesärztekammer neben den Richtlinien zur Sterbebegleitung
auch Richtlinien zur Suizidbegleitung beschließen. Ein entsetzliches Szenario.“