Die junge Generation
und ihre Ausbildung ist die Zukunft des Sudans – das unterstreicht Pater Callistus
Joseph im Vorfeld der Volksabstimmung vom 9. Januar 2011 zur Unabhängigkeit des Südsudans.
Der Claretiner-Missionar ist Direktor des kirchlichen Hilfsprojektes „Solidarität
mit dem Südsudan“, das im Norden und Süden des Landes Bildungsprojekte organisiert.
An diesem Montag war er auf Durchreise in Rom und hat mit unseren Kollegen von der
Afrika-Redaktion gesprochen. Nach dem Jahrzehnte währenden Bürgerkrieg nehmen die
Menschen im Sudan den Wiederaufbau ihres Landes in Angriff; angesichts der prekären
Sicherheits- und Versorgungslage seien Angst und Verunsicherung aber nach wie vor
groß, so der Pater:
„21 Jahre Bürgerkrieg haben die Menschen schrecklich
gezeichnet. Sie haben diese Zeit über praktisch im Busch gelebt, konnten nur ans tägliche
Überleben denken, nicht an die Zukunft. Nun versuchen die Menschen, ihr Leben neu
aufzubauen. Und die Vertreter der internationalen Gemeinschaft und Weltkirche sind
da, um ihnen dabei zu helfen: Unser Projekt entstand als Antwort auf die Einladung
der Bischofskonferenz des Sudans, ist Antwort der religiösen Gemeinschaften des Landes.“
Der Weltkirchenrat warnte an diesem Montag vor Konflikten zwischen Christen
und Muslimen rund um die Abstimmung am 9. Januar. Internationale Beobachter fürchten,
dass es beim Referendum zu Unregelmäßigkeiten kommen könnte. Die Initiative „Solidarität
mit dem Südsudan“ will den Aufbau des Landes von innen heraus fördern, Hilfe zur Selbsthilfe
intiieren: Mit aktuell 20 Schwestern und fünf Priestern werden zum Beispiel Grundschullehrer
ausgebildet, um die Bürger von morgen zu unterrichten:
„Die Situation der
kleinen Kinder im Sudan kann einem das Herz brechen. So viel Potential ohne Möglichkeiten!
Der kleine Taban zum Beispiel ist 13 Jahre alt und läuft jeden Tag fast 13 Kilometer
zur Schule. Manchmal sind die Lehrer nicht da, und er geht zurück, am nächsten Tag
kommt er wieder. Oder der kleine Wonderful, ein wirklich wunderbares und sehr begabtes
Kind. Er will einmal Physiklehrer werden, das weiß er genau. Diese Kinder haben Wünsche
für die Zukunft, doch während des Krieges haben sie viele Angehörige verloren. Wir
möchten mit ihrer Ausbildung dem Sudan helfen; denn die Hoffnung des Landes liegt
in seinen Kindern!“
Beim Referendum entscheiden die Bewohner des bisher
halbautonomen Südsudan am 9. Januar über eine Loslösung vom islamisch-arabisch geprägten
Norden. Allerdings gibt es im Fall einer Unabhängigkeit viele ungeklärte Fragen. Dazu
gehören der Grenzverlauf und die Verteilung von Einkünften aus Bodenschätzen; die
Regierung des Südens bezieht fast alle ihre Einkünfte aus dem Verkauf von Öl. Beobachter
erwarten eine breite Zustimmung für die Unabhängigkeit, befürchten aber, dass der
Norden die Entscheidung des Südens wegen der reichen Ölvorkommen nicht anerkennen
wird. Angesichts der steigenden Spannung im Sudan schließen Experten ein Wiederaufflammen
des Bürgerkrieges nicht aus.