Vor knapp einem Jahr
bebte in Haiti die Erde. Viele Spenden für das zerstörte Land sind geflossen, der
Wiederaufbau ist in kleinen Schritten vorangegangen. Dass es damit aber noch lange
nicht getan ist, daran hat Papst Benedikt XVI. in der letzten Woche noch erinnert:
Die internationale Staatengemeinschaft müsse ihre Hilfsleistungen für das Land verstärken
und fortführen, mahnte der Papst bei einem Treffen mit Botschaftern verschiedener
Länder im Vatikan. Eine der großen Herausforderungen für die Hilfsorganisationen vor
Ort ist nach wie vor die Cholera-Bekämpfung, erzählt uns Sabine Wilke von „Care“.
Die Krankheit wütet seit zwei Monaten auf der Insel. Wilke hält sich zur Zeit in der
haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince auf. Dort sei die Lage relativ stabil, denn
es gebe Latrinen und sauberes Trinkwasser. Anders sehe es auf dem Land aus, so Wilke:
„Größere
Sorgen bereiten uns im Moment die ländlicheren Regionen des Landes im Norden und im
Süden, wo die Gesundheitsbehörden melden, dass es immer mehr Fälle gibt. Das heißt
in Dörfern, die sehr weit abgeschnitten sind von größeren Städten, müssen die Menschen
erst mal fünf, sechs Stunden laufen, um überhaupt zur nächsten Gesundheitsstation
zu kommen. Was Care im Moment macht, ist einfach kleine Stationen zu bauen in diesen
dörflichen Gemeinden, wo die Menschen – sobald sie erste Symptome bekommen – eine
Weißlösung zu sich nehmen können, die sie davor schützt, noch mehr Flüssigkeit zu
verlieren und sich dann in einem zweiten Schritt idealerweise in ein Krankenhaus begeben
können.“
Die Cholera werde das ganze Land auch im Jahr 2011 noch sehr beschäftigen,
prognostiziert Wilke. Care habe sehr viele Spendengelder bekommen, gibt die Mitarbeiterin
an. Jeder Euro fließe in Hilfsprojekte vor Ort, versichert sie. Allerdings müsse man
gut planen, um langfristig helfen zu können und kein Geld zu verschwenden, so Wilke:
„Denn es bringt nichts, das Geld ungeplant so schnell wie möglich
auszugeben und im Zweifel dann vielleicht auch Dinge falsch zu machen oder nicht nachhaltig
zu organisieren. Wir müssen mit den Gemeinden sprechen, wir mussten zum Beispiel –
was die Unterkünfte angeht, auch erst einmal mit den Menschen sprechen und schauen,
was sie sich vorstellen: Wie kann man die Häuser bauen, wie kann die Struktur sein,
welche Materialien können wir benutzen, dazu brauchen wir Planung und die dauert einfach
ein bisschen. Und deswegen geben wir natürlich weiter das Geld aus und machen das
auch so schnell wie möglich, aber planen das auch noch fürs nächste Jahr.“
Neben
den finanziellen Hilfen sei jetzt vor allem wichtig, den Menschen in Haiti Mut zu
machen. Die Augen der Welt hätten sich ja traurigerweise vor allem erst mit dem Erdbeben
auf Haiti gerichtet. Für Hilfe zur Selbsthilfe brauche es weiterhin konkrete Zeichen
der Solidarität, erinnert Wilke:
„Was ich mir am meisten wünsche: dass
wir weiter ein Auge auf Haiti behalten. Das Land ist bis zu dem Erdbeben so in Vergessenheit
geraten. Die Menschen müssen sich weiter informieren, Geduld haben und wissen, dass
hier vor Ort gearbeitet wird, und dass das eben nicht nur die internationalen Hilfsorganisationen
sind und Menschen wie ich, die für einen gewissen Zeitraum hier sind, sondern dass
hier der Wiederaufbau auch selbst in die Hand genommen wird. Das müssen wir uns immer
wieder vor Augen halten, dass hier ein großes Potential ist in diesem Land, dass die
Menschen ihr Land wieder aufbauen wollen. Deshalb wünsche ich mir, dass die ganze
Bevölkerung hier weiter das Gefühl hat, dass die Welt weiter auf Haiti schaut.“