2010-12-21 10:27:22

D: „Abnehmende Bindungskraft im Christen- und Judentum"


RealAudioMP3 Besinnt euch auf eure christlichen Wurzeln! Dieser Appell Benedikt XVI. – ausgesprochen in Santiago de Compostela und ebenso in der Friedensbotschaft für das kommende Jahr – er kommt auch von jüdischer Seite: In einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur (epd) vom letzten Wochenende ermuntert der Rabbiner David Rosen die Europäer dazu, sich angesichts einer wachsenden muslimischen Präsenz in den westlichen Ländern stärker auf die eigenen christlichen Wurzeln zu besinnen. Eine abnehmende „Bindungskraft“ im Christen- und Judentum beklagt derweil der neue Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann. Im Interview mit dem Kölner Domradio sagte der Nachfolger von Charlotte Knobloch:

„Im Islam mag es anders sein. Aber uns Juden geht es ähnlich wie den Kirchen hier in Deutschland. Unsere Synagogen sind schön, aber immer leerer. Die Überzeugungskraft von Religion nimmt gerade bei jungen Menschen ab. Es ist eine ganz große Aufgabe, dass wir die Herzen unserer jungen Menschen alle gemeinsam gewinnen müssen.“

Graumann ist seit etwa vier Wochen im Amt. Seine neue Aufgabe begreift er im Wesentlichen als Fortführung des bisherigen Kurses der Zentralrates, wenn er auch eigene Akzente setzen will. In entscheidenden Fragen wie zum Beispiel dem Gedenken an die Schrecken des Nationalsozialismus stehe er für Kontinuität, so Graumann:

„Mir ist es schon wichtig, dass diese Erinnerung bewahrt wird. Aber nicht in dem Sinne, dass man den Menschen, die heute in Deutschland leben, etwas von Schuld vermitteln wollte. Das wäre ja auch unsinnig. Aber die Verantwortung, wissen zu wollen und etwas Ähnliches verhindern zu müssen, das ist ganz wichtig. Der Bundespräsident hat bei seiner Israel-Reise ein ganz wunderbares Zeichen gesetzt, als er seine junge Tochter mitnahm und andere Jugendliche, um zu dokumentieren: Hier geht es nicht um große Worte, hier geht es darum, dass junge Menschen wissen, was geschehen ist damals, und dass sie versuchen, Verantwortung zu übernehmen, selbst zu verhindern, dass das wieder geschehen kann.“

Ein schwieirges Thema im Verhältnis zu den Christen sei für die Juden nach wie vor die anstehende Seligsprechung von Papst Pius XII. Graumann:

„Hier haben wir eine kritische Einstellung. Ich meine, die Kirche ist natürlich frei hier zu handeln, wie sie mag. Aber wir sind auch frei, vorher in aller Offenheit und Fairness zu sagen: Das würde viele jüdische Menschen auf dieser Welt verletzen, mich übrigens auch. Papst Pius XII. bleibt für uns der Papst der zu lange und zu laut schwieg angesichts der Schreie der Shoah. Und ihn mit dieser Ehre auszustatten wäre etwas, was uns schon verletzen würde.“

(domradio/pm 20.12.2010 pr)







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