Frieden ist auch Ergebnis
einer gemeinsamen Sprache – das wird derzeit vor allem im „Ausgleichsprozess“ zwischen
Israelis und Palästinensern deutlich. Im Rahmen der neuen Vermittlungsinitiative des
US-Gesandten George Mitchell hat der Diplomat parallele Gespräche mit Israelis und
Palästinensern vorgeschlagen: Sechs Wochen lang sollen ab kommendem Sonntag israelische
und palästinensische Vertreter jeweils getrennt voneinander bei US-Vermittlern vorsprechen.
Direkte Verhandlungen zwischen den beiden Parteien sollen erst später stattfinden
– nachdem die US-Vermittler verstanden haben, wie und worüber überhaupt miteinander
gesprochen werden kann. Einfach ist das nicht, und dennoch stehen die Aussichten auf
Frieden besser denn je. Das meint zumindest der Nahost-Experte Gershon Baskin. Im
Gespräch mit unseren englischen Kollegen sagte er:
„Es gibt eine Ahnung
dafür, dass das machbar ist, dass wir niemals näher dran waren, dass Frieden zwischen
Israelis und Palästinensern möglich ist. Die Fragen sind so klar, und die Lösungen
dafür liegen doch eigentlich auf dem Tisch. Was wir brauchen, ist eine engagierte
Leitung, um beide Seiten zu einem gemeinsamen Abkommen zu bringen.“
Bei
den Kolloquien ab Sonntag soll es unter anderem um den jüdischen Siedlungsbau im Westjordanland
gehen, der ja nach wie vor einen „Knackpunkt“ im israelisch-palästinensischen Verhältnis
darstellt. Angepeilt werde eine Zwei-Staaten-Lösung, so Baskin. Auch der Vatikan hatte
in der Vergangenheit für diese Lösung plädiert.
„Eine Zwei-Staatenlösung
auf Grundlage des Grenzabkommens von 1967, nach dem drei bis vier Prozent der Gebiete
in der Westbank ausgetauscht werden und über achtzig Prozent der jüdischen Siedlungen
erhalten bleiben sollen. Souveränitätstechnisch würde Jerusalem geteilt werden, aber
eine offene Stadt bleiben und die Hauptstadt beider Staaten sein; der Westteil wäre
die Hauptstadt von Israel und der Ostteil die Hauptstadt von Palästina. Was die Heiligen
Stätten betrifft, bräuchte es eine Art internationale Verwaltung. Flüchtlinge würden
wieder zurück in den Staat Palästina gehen, und Israel müsste einen Teil der Verantwortung
übernehmen, was die Entstehung des Flüchtlingsproblems angeht. Es gibt eine klare
Mehrheit in beiden Lagern für ein solches Lösungspaket, aber die Politik hat Angst
vor Veränderung.“
Baskin ist Mitbegründer des israelisch-palästinensischen
Zentrums für Recherche und Information (IPCRI), das politische Entscheidungsträger
berät, und damit sozusagen Experte im Brückenschlag zwischen israelischer und palästinensischer
Seite. Er bezieht sich hier auf die Ausrufung des Palästinenserstaates in den Grenzen
von 1967 unter gleichzeitiger Anerkennung des Staates Israel. Diese Lösung war in
der Vergangenheit des Konfliktes zur Sprache gekommen. Nach Ansicht des Experten können
die Konfliktparteien zu diesem Zeitpunkt nicht direkt miteinander verhandeln. Und
das sei nicht einmal eine Frage von Hebräisch oder Arabisch. „Seit
Beginn der Regierung Netanjahu und der US-Administration Obama bin ich immer ein Verfechter
von Annäherungsgesprächen gewesen, nicht von direkten Gesprächen. Nach meiner Einschätzung
haben Benjamin Netanyahu und Mahmud Abbas nicht dieselbe Sprache und Schwierigkeiten,
miteinander zu kommunizieren. Die beste Art, Verhandlungen zu befördern, ist, mittels
Diplomatie beide Seiten zum Vorbringen konkreter Vorschläge zu bringen. Es
ist allerdings wichtig, dass US-Vermittler Mitchell nicht zu einem Ping-Pong-Ball
zwischen beiden Seiten wird.“