2010-12-16 13:52:26

Nahost: „Eine gemeinsame Sprache finden“


RealAudioMP3 Frieden ist auch Ergebnis einer gemeinsamen Sprache – das wird derzeit vor allem im „Ausgleichsprozess“ zwischen Israelis und Palästinensern deutlich. Im Rahmen der neuen Vermittlungsinitiative des US-Gesandten George Mitchell hat der Diplomat parallele Gespräche mit Israelis und Palästinensern vorgeschlagen: Sechs Wochen lang sollen ab kommendem Sonntag israelische und palästinensische Vertreter jeweils getrennt voneinander bei US-Vermittlern vorsprechen. Direkte Verhandlungen zwischen den beiden Parteien sollen erst später stattfinden – nachdem die US-Vermittler verstanden haben, wie und worüber überhaupt miteinander gesprochen werden kann. Einfach ist das nicht, und dennoch stehen die Aussichten auf Frieden besser denn je. Das meint zumindest der Nahost-Experte Gershon Baskin. Im Gespräch mit unseren englischen Kollegen sagte er:

„Es gibt eine Ahnung dafür, dass das machbar ist, dass wir niemals näher dran waren, dass Frieden zwischen Israelis und Palästinensern möglich ist. Die Fragen sind so klar, und die Lösungen dafür liegen doch eigentlich auf dem Tisch. Was wir brauchen, ist eine engagierte Leitung, um beide Seiten zu einem gemeinsamen Abkommen zu bringen.“

Bei den Kolloquien ab Sonntag soll es unter anderem um den jüdischen Siedlungsbau im Westjordanland gehen, der ja nach wie vor einen „Knackpunkt“ im israelisch-palästinensischen Verhältnis darstellt. Angepeilt werde eine Zwei-Staaten-Lösung, so Baskin. Auch der Vatikan hatte in der Vergangenheit für diese Lösung plädiert.

Eine Zwei-Staatenlösung auf Grundlage des Grenzabkommens von 1967, nach dem drei bis vier Prozent der Gebiete in der Westbank ausgetauscht werden und über achtzig Prozent der jüdischen Siedlungen erhalten bleiben sollen. Souveränitätstechnisch würde Jerusalem geteilt werden, aber eine offene Stadt bleiben und die Hauptstadt beider Staaten sein; der Westteil wäre die Hauptstadt von Israel und der Ostteil die Hauptstadt von Palästina. Was die Heiligen Stätten betrifft, bräuchte es eine Art internationale Verwaltung. Flüchtlinge würden wieder zurück in den Staat Palästina gehen, und Israel müsste einen Teil der Verantwortung übernehmen, was die Entstehung des Flüchtlingsproblems angeht. Es gibt eine klare Mehrheit in beiden Lagern für ein solches Lösungspaket, aber die Politik hat Angst vor Veränderung.“

Baskin ist Mitbegründer des israelisch-palästinensischen Zentrums für Recherche und Information (IPCRI), das politische Entscheidungsträger berät, und damit sozusagen Experte im Brückenschlag zwischen israelischer und palästinensischer Seite. Er bezieht sich hier auf die Ausrufung des Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 unter gleichzeitiger Anerkennung des Staates Israel. Diese Lösung war in der Vergangenheit des Konfliktes zur Sprache gekommen. Nach Ansicht des Experten können die Konfliktparteien zu diesem Zeitpunkt nicht direkt miteinander verhandeln. Und das sei nicht einmal eine Frage von Hebräisch oder Arabisch.

„Seit Beginn der Regierung Netanjahu und der US-Administration Obama bin ich immer ein Verfechter von Annäherungsgesprächen gewesen, nicht von direkten Gesprächen. Nach meiner Einschätzung haben Benjamin Netanyahu und Mahmud Abbas nicht dieselbe Sprache und Schwierigkeiten, miteinander zu kommunizieren. Die beste Art, Verhandlungen zu befördern, ist, mittels Diplomatie beide Seiten zum Vorbringen konkreter Vorschläge zu bringen. Es ist allerdings wichtig, dass US-Vermittler Mitchell nicht zu einem Ping-Pong-Ball zwischen beiden Seiten wird.“

(rv/afp 16.12.2010 pr)








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