Klimagipfel von Cancun aus moraltheologischer Sicht
Vorsichtig positiv äußern sich christliche Stimmen zum UNO-Klimagipfel im mexikanischen
Cancun. Der in Linz lehrende Moraltheologe und Umweltfachmann Michael Rosenberger
kommentiert die Ergebnisse mit einem „Ja, aber“. Einerseits sehe er „durchaus substanzielle
Fortschritte", etwa bei der Festschreibung verbindlicher Klimaschutzziele oder der
Zusage eines eigenen Klima-Fonds. Andererseits blieben weiterhin „Leerstellen“, die
es dringend zu füllen gelte: „Es braucht dringend eine Konkretisierung der zugesagten
Gelder und Mittel. Die Zeit drängt", so der Vorstand des Instituts für Moraltheologie
an der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz.
Positiv bewertete
Rosenberger die „geschickte Verhandlungsführung" der mexikanischen Konferenzpräsidentin
Patricia Espinosa in Cancun. Sie habe es - im Unterschied zum vorausgegangenen Klimagipfel
im Vorjahr in Stockholm - geschafft, die USA und China „mit ins Boot zu holen" und
ihnen die Zusage einer Begrenzung der Erderwärmung um zwei Grad Celsius abzuringen
– „wenn auch um den Preis des Unkonkreten bei der Umsetzung der Ziele". Rosenberger:
„Die Unverbindlichkeit der Mittel und Umsetzungen ist ein Problem. So kann es auf
Dauer nicht bleiben. Wir brauchen rasch klare Vereinbarungen."
Dass Cancun
im Gegensatz zur Stockholm-Konferenz insgesamt zu einem Erfolg werden konnte, habe
aber auch mit einer unterschiedlichen, medial geschürten Erwartungshaltung zu tun,
so Rosenberger weiter. Während in Kopenhagen die Erwartungen sehr groß waren und entsprechend
auch die anschließende Enttäuschung über das magere Ergebnis, waren die Erwartungen
an Cancun ungleich geringer. Dies habe auch die politischen Verhandlungsführer entlastet
und zum relativen Erfolg beigetragen.
Eine Möglichkeit, sanften Druck in Richtung
einer Konkretisierung auszuüben, ist für Rosenberger ein eigenes EU-weites Klimaprotokoll.
Die EU könne so aufgrund ihrer finanziellen wie ihrer technischen Möglichkeiten eine
Vorreiterrolle im Klimaschutz einnehmen. Weltweit sehe er derzeit „keinen anderen
Akteur, der dieser Aufgabe gewachsen wäre", so Rosenberger.
Wichtige Akteure
auf diesem Weg seien auch die christlichen Kirchen, die sich etwa im gemeinsamen Ökumenischen
Sozialwort der Kirchen in Österreich von 2003 für gesellschaftliche Strukturveränderungen
hin zu einer ökosozialen Marktwirtschaft ausgesprochen haben.
Österreich sei
im übrigen weit von dieser Vorreiterrolle entfernt - man bedenke nur, dass es zu den
Schlusslichtern der Kyoto-Länder zähle: So hatte sich Österreich im Kyoto-Protokoll
zu einer Reduktion der CO2-Emissionen von 13 Prozent gegenüber dem Stand von 1990
verpflichtet. Tatsächlich weisen die Statistiken heute einen Zuwachs an Emissionen
um 20 Prozent aus. „Österreich hat seine Ziele also um über 30 Prozent verfehlt. Wir
bewegen uns eindeutig in die falsche Richtung", so Rosenberger. Von der derzeitigen
Regierung und ihrem „parteipolitischen Hickhack" sei jedoch keine Klimawende zu erwarten,
zeigte sich Rosenberger nüchtern.
Auf dem Klimagipfel von Cancun haben sich
die teilnehmenden 194 Staaten auf verbindliche Klimaschutz-Ziele verständigt, darunter
eine Begrenzung der Erderwärmung um zwei Grad Celsius. Die bisherigen Kyoto-Länder
exklusive den USA haben außerdem ihre Selbstverpflichtung erneuert, die Co2-Emissionen
bis 2020 um 25 bis 40 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Die Entwicklungsländer
reduzieren ihre Treibhausgase nur im Vergleich zum Wirtschaftswachstum auf Basis freiwilliger
Zusagen.
Ein weiteres konkretes Ergebnis stellt die Einrichtung eines eigenen
Klimafonds dar, der aus Geldern der Industriestaaten mit jeweils 100 Milliarden Dollar
ab 2020 gespeist werden soll. Sein Ziel ist die Förderung von Maßnahmen in Entwicklungsländern
zur Anpassung und Bekämpfung der Folgen des Klimawandels.
Nicht zustande gekommen
ist abermals ein verbindliches Abkommen zum Schutz der Wälder zur Treibhausgasreduktion.
Der Schutz wird nationalstaatlich delegiert, einigen konnte man sich einzig auf den
Schutz der indigenen Völker in den Wäldern.
Die nächste UNO-Klimakonferenz
ist vom 28. November bis zum 9. Dezember im südafrikanischen Durban geplant. Dort
soll es um ein neues Klimaschutzabkommen gehen, mindestens aber um die Festlegung
weiterer Ziele für die Minderung von Emissionen. Die Europäische Union will bereits
im Frühjahr 2011 erneut über ihr Ziel zur Minderung des Treibhausgas-Ausstoßes beraten.
Dabei geht es auch darum, die bisher geltende Minderung um 20 Prozent auf minus 30
Prozent zu verschärfen.