Krieg und Krisen gehören
fast schon zum Tagesgeschäft eines Korrespondenten in Jerusalem. Jörg Bremer war 18
Jahren lang an vorderster Front im Heiligen Land. Er führte für die FAZ Gespräche
mit Protagonisten wie Rabin, Scharon oder Netanjahu. Nun hat Bremer ein Buch über
seine Erfahrung und Perspektiven geschrieben. Pater Bernd Hagenkord hat den deutschen
Journalisten Bremer gefragt, welchen Eindruck über das Heilige Land ihn am meisten
verfolgt.
„Ich glaube, am meisten verfolgt mich der Eindruck der Hoffnungslosigkeit
oder der Eindruck, dass man immer wieder Hoffnung schöpfte, die danach enttäuscht
wurde. Wir können uns noch gut daran erinnern, an die Unterzeichnung des Oslo-Vertrages
beim Weißen Haus. Wir waren damals in einem wunderschönen Hotel in Jerusalem und haben
das gefeiert. Das war ein wundervolles Ereignis. Da kamen viele Israelis von Westjerusalem
ins arabische Jerusalem hinüber. Wir feierten ausgelassen und fröhlich. Doch danach
gab es ein Rückschlag nach dem anderen. …“
Wenn ich an Israel denke, so
kommen mir Stichwörter wie Road Map in den Sinn. Wir werden mit „Prozessworten“ bombardiert.
Steckt etwas dahinter?
„Wir haben eigentlich immer vom Friedensprozess gesprochen.
Wie oft rief mich dann die Redaktion an und fragte mich, ob diese Schritte überhaupt
nützlich seien. Ich bin zum Schluss gekommen, dass wenn man den Begriff Frieden zu
oft verwendet, dann missbraucht man ihn. Deswegen sprach ich nur noch vom Ausgleichprozess
und keineswegs vom Frieden. Sehr oft sind mir Begriffe wie Road Map in den Finger
hängen geblieben. Da werden gestanzte Begriffe genutzt, die die Wirklichkeit nicht
mehr treffen können.“
18 Jahre lang waren Sie Korrespondent der FAZ in
Jerusalem. Danach schreiben Sie ein Buch. Man könnte doch denken, dass Sie alles,
was man zu sagen hatte, bereits in den 18 Jahren für die Zeitung geschrieben haben.
Doch Ihr Buch ist etwas Persönliches. Warum schreibt man im Nachhinein ein solches
Buch?
„Es gibt zwei Gründe: Meine Familie war bereits nach Rom umgezogen
und ich hatte plötzlich wesentlich mehr Zeit. Ich hatte das Gefühl, es ist eine Zeit
des Abschieds gekommen. Und das tut man, indem man den Rucksack packt und Rechenschaft
ablegt. Der zweite Grund ist tiefgründiger. Diese 18 Jahre haben so tiefe Rillen in
meinem Gemüt geritzt, dass ich mir selber in irgendeiner Weise auch darüber klar werden
kann, wie gesund komme ich eigentlich aus diesem Land heraus oder wie hat mich diese
Trostlosigkeit und Traurigkeit überhaupt geprägt. Und deswegen habe ich in dem Buch
vor allem die Bereiche angesprochen, die eben nicht das beinhalten, was in der Zeitung
normalerweise drinsteht, wo man nüchtern und sachlich berichterstattet. Also alles
das, was tiefer geht und weit über einem FAZ-Artikel hinausgeht, habe ich versucht,
auch in meinem Buch zusammenzutragen.“
Zum Mitschreiben: Jörg Bremer:
Unheiliger Krieg im Heiligen Land. Meine Jahre in Jerusalem. Nicolaische Verlagsbuchhandlung,
Berlin 2010.
Hören Sie hier das gesamte Gespräch mit Jörg Bremer (Klicken
Sie auf das Lautsprecher-Symbol oben links)