Es ist ein heikler
diplomatischer Drahtseilakt für den Heiligen Stuhl, in bestimmten Ländern – wie etwa
China - einerseits Menschenrechte einzufordern und andererseits dort lebende Christen
nicht zu gefährden. Darauf hat Kardinal Giovanni Lajolo hingewiesen, Leiter des vatikanischen
Governatorates und früherer Spitzendiplomat des Heiligen Stuhles. Bei einem Vortrag
in Wien sagte Lajolo:
„Wie kann der Heilige Stuhl öffentlich die Verletzung
eindeutiger Rechte in einigen Ländern anprangern, ohne die katholischen Bürger dieser
Länder der Gefahr auszusetzen, Repressalien erleiden zu müssen? Diverse Beispiele
solcher Konditionierungen, und sagen wir es ruhig: der Bremsung des Wirkens des Heiligen
Stuhles, stehen heute unter Beobachtung aller, besonders in Bezug auf gewisse Länder
Asiens, Afrikas und Lateinamerikas.“
Der Heilige Stuhl könne in solch
delikaten Situationen kein Blutvergießen riskieren, sondern müsse klugerweise im Stillen
wirken, so Lajolo.
„Es wäre nicht moralisch, mit der Kühnheit eines Propheten
aufzutreten, wenn dies das Blut von Märtyrern kosten würde. Deshalb ist es oft notwendig,
dass der Heilige Stuhl - anstatt die Stimme zu erheben - mit diplomatischer Umsicht
und mit überaus sorgfältig abgewogenen Worten spricht.“
Im Grund sei dies
dasselbe Prinzip der Selbstdisziplin, das Papst Pius XII. während des Zweiten Weltkriegs
viele innere Leiden und nach seinem Tod heftige Verleumdungen eingebracht habe, das
aber nach wie vor gültig sei, so Kardinal Lajolo.
Allgemein stünden die Kirche
und der Heilige Stuhl an vorderster Front, um Frieden zu fördern und ihn dort, wo
er gelingt, zu festigen, sagte der Kardinal. In ihrem Einsatz für den Frieden schöpfe
die Kirche aus einem reichen biblischen und theologischen Erbe, das auch die Grundlage
ihrer umsichtigen Diplomatie darstelle.
Die vatikanische Diplomatie sei mittlerweile
in Form von 176 Apostolischen Nuntiaturen weltweit präsent und arbeite auch in zahlreichen
internationalen Organisationen mit. Das Kirchenrecht schreibe den päpstlichen Diplomaten
vor, in ihrem Dienst Angelegenheiten zu unterstützen, die Frieden und Fortschritt
in ihren Gastländern voranbringen.
Kraft schöpfe die Kirche auch aus der Tatsache,
dass sie mit rund 1,3 Milliarden Katholiken, die den Papst als ihr geistiges Oberhaupt
anerkennen, im Rücken spreche. Dies sei eine Tatsache, „die die Regierungen nicht
unberücksichtigt lassen können“.
Im Blick auf die biblischen Quellen des
kirchlichen Einsatzes für den Frieden konstatierte Lajolo, dass es „im Leben Christi
eine Art roten Faden des 'Friedens' gibt“. Dieser finde sich etwa in biblischen Seligpreisungen
der Bergpredigt, dem Gebot der Feindesliebe, der Rede Jesu beim letzten Abendmahl
oder den ersten Worten an die Jünger nach der Auferstehung: „Friede sei mit euch“.
Biblisch sei es aber auch der „Mut zum Zeugnis“ für die Wahrheit, wofür Jesus letztlich
gekreuzigt wurde.
Zur „Friedensstifterin“ werde die Kirche aber auch durch
den universalen Charakter ihrer Sendung. „Die Tatsache, dass sich die Kirche unter
allen Völkern ausgebreitet hat, bildet eine wesentliche Komponente der Kirche, die
sie befähigt, wie keine andere menschliche Institution Friedensstifterin zu sein“,
so der Kardinal. Leider habe diese Tatsache nicht verhindern können, dass „sogenannte
christliche Staaten gegeneinander grausame Kriege führten“, was jedoch „dem Buchstaben
und dem Geist des Evangeliums“ widerspreche.
Entscheidend für die Friedensmission
der Kirche sei auch das Lehramt der Päpste. Eine besondere programmatische Bedeutung
hätten hier die 1968 von Paul VI. eingeführten und jeweils am 1. Januar begangenen
Weltfriedenstage. Sie thematisieren jeweils Aspekte, die für einen dauerhaften Frieden
wichtig sind, beispielsweise Familie, Gerechtigkeit, Freiheit, Wahrheit oder Ökologie.