2010-12-10 14:51:29

Vatikan/Österreich: Die Kirche und der Frieden


RealAudioMP3 Es ist ein heikler diplomatischer Drahtseilakt für den Heiligen Stuhl, in bestimmten Ländern – wie etwa China - einerseits Menschenrechte einzufordern und andererseits dort lebende Christen nicht zu gefährden. Darauf hat Kardinal Giovanni Lajolo hingewiesen, Leiter des vatikanischen Governatorates und früherer Spitzendiplomat des Heiligen Stuhles. Bei einem Vortrag in Wien sagte Lajolo:

„Wie kann der Heilige Stuhl öffentlich die Verletzung eindeutiger Rechte in einigen Ländern anprangern, ohne die katholischen Bürger dieser Länder der Gefahr auszusetzen, Repressalien erleiden zu müssen? Diverse Beispiele solcher Konditionierungen, und sagen wir es ruhig: der Bremsung des Wirkens des Heiligen Stuhles, stehen heute unter Beobachtung aller, besonders in Bezug auf gewisse Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas.“

Der Heilige Stuhl könne in solch delikaten Situationen kein Blutvergießen riskieren, sondern müsse klugerweise im Stillen wirken, so Lajolo.

„Es wäre nicht moralisch, mit der Kühnheit eines Propheten aufzutreten, wenn dies das Blut von Märtyrern kosten würde. Deshalb ist es oft notwendig, dass der Heilige Stuhl - anstatt die Stimme zu erheben - mit diplomatischer Umsicht und mit überaus sorgfältig abgewogenen Worten spricht.“

Im Grund sei dies dasselbe Prinzip der Selbstdisziplin, das Papst Pius XII. während des Zweiten Weltkriegs viele innere Leiden und nach seinem Tod heftige Verleumdungen eingebracht habe, das aber nach wie vor gültig sei, so Kardinal Lajolo.

Allgemein stünden die Kirche und der Heilige Stuhl an vorderster Front, um Frieden zu fördern und ihn dort, wo er gelingt, zu festigen, sagte der Kardinal. In ihrem Einsatz für den Frieden schöpfe die Kirche aus einem reichen biblischen und theologischen Erbe, das auch die Grundlage ihrer umsichtigen Diplomatie darstelle.

Die vatikanische Diplomatie sei mittlerweile in Form von 176 Apostolischen Nuntiaturen weltweit präsent und arbeite auch in zahlreichen internationalen Organisationen mit. Das Kirchenrecht schreibe den päpstlichen Diplomaten vor, in ihrem Dienst Angelegenheiten zu unterstützen, die Frieden und Fortschritt in ihren Gastländern voranbringen.

Kraft schöpfe die Kirche auch aus der Tatsache, dass sie mit rund 1,3 Milliarden Katholiken, die den Papst als ihr geistiges Oberhaupt anerkennen, im Rücken spreche. Dies sei eine Tatsache, „die die Regierungen nicht unberücksichtigt lassen können“.


Im Blick auf die biblischen Quellen des kirchlichen Einsatzes für den Frieden konstatierte Lajolo, dass es „im Leben Christi eine Art roten Faden des 'Friedens' gibt“. Dieser finde sich etwa in biblischen Seligpreisungen der Bergpredigt, dem Gebot der Feindesliebe, der Rede Jesu beim letzten Abendmahl oder den ersten Worten an die Jünger nach der Auferstehung: „Friede sei mit euch“. Biblisch sei es aber auch der „Mut zum Zeugnis“ für die Wahrheit, wofür Jesus letztlich gekreuzigt wurde.

Zur „Friedensstifterin“ werde die Kirche aber auch durch den universalen Charakter ihrer Sendung. „Die Tatsache, dass sich die Kirche unter allen Völkern ausgebreitet hat, bildet eine wesentliche Komponente der Kirche, die sie befähigt, wie keine andere menschliche Institution Friedensstifterin zu sein“, so der Kardinal. Leider habe diese Tatsache nicht verhindern können, dass „sogenannte christliche Staaten gegeneinander grausame Kriege führten“, was jedoch „dem Buchstaben und dem Geist des Evangeliums“ widerspreche.

Entscheidend für die Friedensmission der Kirche sei auch das Lehramt der Päpste. Eine besondere programmatische Bedeutung hätten hier die 1968 von Paul VI. eingeführten und jeweils am 1. Januar begangenen Weltfriedenstage. Sie thematisieren jeweils Aspekte, die für einen dauerhaften Frieden wichtig sind, beispielsweise Familie, Gerechtigkeit, Freiheit, Wahrheit oder Ökologie.

(kap 10.12.2010 gs)








All the contents on this site are copyrighted ©.