„Kopten kämpfen für Kapelle“: Unter dieser Überschrift berichtet die „Neue Zürcher
Zeitung“ über die Hintergründe von Unruhen, die es vor einigen Tagen in der ägyptischen
Hauptstadt Kairo gegeben hat. Christliche Kopten hätten, so die Zeitung, am Mittwoch
gegen die Behörden demonstriert, „die den Bau einer neuen Kapelle gestoppt hatten“,
weil die Baubewilligung fehlte. Es sei zu einer Demonstration gekommen, zu Unruhen
und Tränengas; ein Kopte kam ums Leben. Wir fragten den Seelsorger der deutschen Katholiken
von Kairo, Joachim Schroedel, nach den Hintergründen.
„Diese so genannte
Kapelle ist eher eine große Kirche; sie steht in einem Gebiet, wo sowieso keine Bauerlaubnis
erteilt wird – auch für ganz normale Häuser nicht. Man hatte zunächst einmal unter
der Angabe, man wolle hier ein Sozialzentrum bauen, einfach angefangen, und das wurde
immer größer und größer. Ich fahre an dieser Kirche täglich vorbei und dachte mir
schon: Was wird daraus werden? Es hat sich dann so zugespitzt, dass der Gouverneur
verboten hat, weiterzubauen.“
Diese Entscheidung habe vor allem mit städtebaulichen
Gesichtspunkten zu tun, so Schroedel: Die Kirche liegt in einem offiziell noch nicht
erschlossenen („informellen“) Viertel namens Talbiya, nicht weit von den Pyramiden.
Hier werde „wild gebaut“, was das Zeug hält. Es sei, so Schroedel, ein Viertel mit
auffallend vielen Christen.
„Dass dann Kirchen gebraucht werden, ist klar,
und in den letzten Jahren ist zu bemerken, dass wir eine Reihe von Kirchenneubauten
verzeichnen können; in dieser Region aber ist überhaupt keine Genehmigung erteilt
worden. Weder für Kirchen noch für sonstige Gebäude. Das ist alles unter verschiedenen
Absprachen, aber eben nicht rechtlich klar durchschaubar.“
Bei den Zusammenstößen
vor ein paar Tagen sollen über hundert Kopten zeitweilig verhaftet worden sein; ihnen
wird vorgeworfen, öffentliche Gebäude, Autos und Ordnungshüter angegriffen zu haben.
Wirklich keine Diskriminierung von Kopten, wie es sie in Ägypten immer wieder mal
gibt?
„Also, ich muss wohl schon sagen, dass diesmal der Schwarze Peter
eindeutig bei den Kopten liegt, die erstens unter falschen Voraussetzungen dieses
Gebäude haben immer größer werden lassen und zweitens dann ihre Aggression gegen die
Polizei haben walten lassen und mehrere Autos zerstört haben. Ich bin sehr wohl auf
der Seite der Christen hier in Ägypten: Das muss so sein, und das mache ich auch aus
ganzem Herzen. Denn in der Tat müssen die Kopten immer wieder unter Repression leiden.
Aber in diesem Fall ist ganz klar zu sagen: Hier waren`s die Kopten schuld, die natürlich
an dieser Stelle sozusagen ihre allgemeine Wut gegen die Repression und gegen den
Staat herausschreien.“
Die Kopten stellen etwa zehn Prozent der ca. achtzig
Millionen Ägypter. Die Lage im Land ist derzeit auch wegen der Parlamentswahlen an
diesem Sonntag aufgeheizt; die Polizei geht in diesen Stunden massiv gegen die radikale
Muslimbruderschaft vor.