2010-11-23 13:13:43

Vatikan: Die Debatte geht weiter


Etwas gedämpfter als in den letzten Tagen geht die Debatte um eine Papst-Äußerung zu Kondomen weiter. Der Mitautor des päpstlichen Gesprächsbuchs, Peter Seewald, sagte dem ARD-Hörfunk, die Aussage von Benedikt XVI. über den Gebrauch von Kondomen sei nicht nur auf Sonderfälle wie Prostituierte beschränkt. Es sei aus seiner Sicht „klar und unmissverständlich“, dass es Benedikt auch darum gehe, deutlich zu machen, dass es in bestimmten Fällen „besser sei, ein kleineres Übel zu wählen“. Der Papst habe auf seine Nachfrage hin geantwortet, dass es eine Anzahl von Fällen gebe, wo der Gebrauch von Kondomen ein Weg sein könne, wieder zu einer verantwortlicheren Sexualität zu kommen.

Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff betont, die Papstworte zu Kondomen hätten „grosses Gewicht“. Sie zeigten, dass sich Benedikt XVI. den Realitäten des sexuellen Lebens der Menschen stellt. Schockenhoff wörtlich: „Man darf eine einzelne
Interviewäußerung sicher nicht überbewerten. Aber die Papstworte zeigen eine erstaunliche Realitätsnähe, die man in vielen kirchlichen Lehramtsäußerungen nicht findet.“ Zwar sei das Interview eindeutig keine offizielle Lehraussage der Kirche, doch hätten die Äußerungen erhebliche Verbindlichkeit. Er laube, dass eine künftige lehramtliche Äußerung zur Sexualmoral „eigentlich nicht mehr hinter das zurückfallen“ könne, was der Papst gesagt habe. Für Schockenhoff ist eindeutig, dass die vom Papst gewählten Formulierungen auch die Erlaubnis zur Kondombenutzung für Ehepartner umfassen, von denen einer HIV-positiv ist. Wörtlich sagt er: „Ganz klar, das hat der Papst gesagt. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen. Wenn Ehepartner in dieser Situation sind, müssen sie tun, was ihnen ihr Gewissen sagt.“

Die Deutsche Bischofskonferenz sieht die Äußerungen des Papstes zum Kondom als Hinweis, „dass er auch die Realitäten und die Lebenswirklichkeit kennt“. Das schreibt Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Konferenz, in einer Würdigung des (gesamten) neuen Papstbuches. „Gerade diese Stellen des Interviews zeigen die tiefe Einfühlsamkeit des Papstes, der sich auch in schwierige Lebenslagen von Menschen hineindenkt.“ Die Äußerungen zum Kondomgebrauch seien eine Ergänzung zu „früheren Aussagen, dass eheliche Treue und Enthaltsamkeit der beste Schutz sind, aber auch Entwicklung und Erziehung“. Wörtlich schreibt Zollitsch: „Wenn für Menschen in bestimmten Situationen eine Nutzung von Kondomen vorstellbar ist, dann deshalb, weil dies einen „ersten Schritt zur Moralisierung … und Verantwortung“ darstellen könnte.“ Solche Aussagen seien „keine Sensation, aber doch etwas Neues, das man bislang so von einem Papst nicht gehört hat“. Er sei „sehr gespannt darauf, ob Papst Benedikt diese Gedanken noch weiterentwickeln wird, ob sie dann eines Tages auch die förmliche Lehrmeinung der Kirche mitprägen werden und was sie für die pastorale Praxis bedeuten“.

(ard/kna/dbk 23.11.2010 sk)







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