Trotz Sakineh und Asia Bibi: Todesstrafe auf absteigendem Ast
Die Fälle Sakineh
(im Iran) und Asia Bibi (in Pakistan) sorgen auf traurige Weise dafür, dass das Thema
Todesstrafe in diesen Wochen regelmäßig auf den Titelseiten der Weltpresse steht.
Und doch ist die Todesstrafe derzeit auf dem absteigenden Ast: Die Generalversammlung
der UNO verabschiedet alle Jahre wieder eine neue Resolution gegen die Todesstrafe,
und dabei wird die Zustimmung immer breiter: Bei der Abstimmung am Wochenende reihten
sich auch die Mongolei und die Malediven in die Reihe derer, die „Ja“ sagen zu einem
Moratorium der Vollstreckung von Todesstrafen. Auch die Zahl der Länder, die sich
enthalten, ist gewachsen, u.a. um Thailand, Tansania, Vietnam. Unter den 38 „Nein“-Stimmen
waren diesmal wieder China und die USA. Eine wichtige Adresse im Kampf gegen die Todesstrafe
ist Rom, genauer gesagt, der Stadtteil Trastevere – Sitz der katholischen Basisgemeinschaft
Sant`Egidio. Ihr Mann gegen die Todesstrafe heißt Mario Marazziti, und der urteilt:
„Die
Todesstrafe wird sozusagen immer kleiner – wir haben aktiv dazu beigetragen, dass
die Mongolei und die Malediven von ihr Abschied nehmen. Und was die Enthaltungen betrifft,
da sind wir stolz auf die Enthaltungen von Guinea und Niger – zwei Länder, mit denen
wir intensiv gearbeitet haben, um aus dem Zyklus von Diktaturen und Staatsstreichen
herauszufinden. Ich finde wirklich, die Todesstrafe wird kleiner!“
Bei
der Lobbyarbeit in dieser Angelegenheit tue es gut, auf das Beispiel Europa hinzuweisen,
so Marazziti; das sei sozusagen „der große Motor dieser UNO-Resolution“. Es habe bewiesen,
wie effektiv es sei, wenn es in einer Angelegenheit mal wirklich zu einer gemeinsamen
Außenpolitik finde: „Dann braucht es auch nicht irgendwelche Etiketten.“ Allerdings:
Noch sei die Todesstrafe „nicht am Ende“.
„Die große kulturelle Schlacht
der Zivilisationen und Politiken geht weiter: Es ist längst nicht mehr eine innere
Angelegenheit eines Landes, sondern eine Menschenrechtsfrage. Das ist der Punkt, der
sich mit der UNO-Resolution ändert: Sie spricht nämlich von einer Frage allgemeinen
Interesses. Was übrigens die zum Tod verurteilte Christin Asia Bibi in Pakistan angeht:
Ich glaube nicht, dass sie hingerichtet wird wegen dieses angeblichen Blasphemie-Vergehens.
Schließlich hat es dort für dieses Vergehen noch nie eine Hinrichtung gegeben. Doch
allein die Tatsache, dass sie verurteilt wurde, ist ein schwerwiegendes Problem, und
man sollte Pakistan helfen, sich von diesen Extremisten zu befreien. Übrigens hat
Pakistan kürzlich 7.000 Todesstrafen in leichtere Strafen umgewandelt; ich glaube
also, dass wir dort Gehör finden werden.“
Und was den Iran betreffe, wo
Sakineh Muhammadi die Steinigung wegen angeblichen Ehebruchs droht, sagt der Sant-Egidio-Mann:
„Das ist ein offensichtlicher Fall von Ungerechtigkeit, der an alles rührt, was Horror
hervorruft.“ Sakineh und Asia Bibi zeigten, wie wichtig der Kampf gegen die Todesstrafe
sei – ein Kampf, der von einem bunten römischen Stadtviertel im Schatten des Vatikans
ausgeht.