Papst: Wirtschaftskrise ernst nehmen – „Wasser ist Menschenrecht“ – Appell für Haiti
und Lebensschutz
Papst Benedikt XVI.
ruft dazu auf, das Modell wirtschaftlicher Entwicklung weltweit „tiefgehend zu revidieren“.
Beim Angelusgebet auf dem Petersplatz an diesem Sonntag äußerte er sich zum G20-Gipfel,
der in den letzten Tagen in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul stattfand.
„Es
gilt, die derzeitige Wirtschaftskrise wirklich ernstzunehmen: Sie hat viele Ursachen,
und darum muss das Modell wirtschaftlicher Entwicklung weltweit tiefgehend revidiert
werden! Sie ist ein akutes Symptom, das sich zu anderen und schwerwiegenderen gesellt
– ich meine das anhaltende Ungleichgewicht zwischen Reich und Arm, den Skandal des
Hungers, die ökologische Katastrophe und das allgemeine Problem der Arbeitslosigkeit.“
Benedikt
XVI. schlug vor, den Bereich der Landwirtschaft „strategisch neu zu lancieren“: Der
Prozess der Industrialisierung habe den Agrarsektor in den Schatten gestellt, und
das führe zu „beachtlichen Konsequenzen auch auf kulturellem Gebiet“. Ihm scheine
es jetzt an der Zeit, „Landwirtschaft neu zu bewerten – und zwar nicht in nostalgischem
Sinn, sondern als wichtige Ressource für die Zukunft“.
„Ressourcen nicht
ausbeuten“
„In der derzeitigen Wirtschaftslage sind dynamischere Länder
in der Versuchung, vorteilhafte Allianzen zu schmieden: Allerdings kann das schwere
Schäden für die ärmeren Länder mit sich bringen und dort die extreme Armut großer
Teile der Bevölkerung bedeuten. Außerdem werden da die natürlichen Ressourcen der
Erde, die Gott dem Menschen zur Pflege anvertraut hat, ausgebeutet. Zweitens sehe
ich in vielen schon seit langem industrialisierten Ländern weiterhin – trotz der Krise
– Lebensstile, die auf hemmungslosen Konsum setzen und ebenfalls Schäden für die Umwelt
und für die Armen bedeuten.“
„Man müßte jetzt“, so der Papst warnend, „in
wirklich konzertierter Aktion ein neues Gleichgewicht schaffen zwischen Landwirtschaft,
Industrie und Dienstleistung, damit die Entwicklung nachhaltig wird und niemandem
Brot und Arbeit fehlen möge.“
„Luft, Wasser und die anderen primären Ressourcen
müßten als universelle Güter für alle bewahrt werden! Dazu muß ein klares ethisches
Bewußtsein verbreitet werden, das auf der Höhe der komplexeren Herausforderungen der
Zeit ist. Alle müßten zu einem weiseren und verantwortlichen Konsum erzogen werden.“
Appell
für Haiti
Benedikt XVI. erinnerte an diesem Sonntag auch an die Opfer der
Cholera-Epidemie in Haiti. „Ich bin allen in Haiti nahe, die nach dem furchtbaren
Erdbeben vom Januar jetzt auch noch von der Cholera heimgesucht werden! Ich ermutige
alle, die etwas gegen diesen neuen Notstand unternehmen, und rufe die internationale
Gemeinschaft zur großzügigen Hilfe auf.“
Schließlich kam Benedikt XVI. bei
diesem Angelusgebet auch noch auf das Ende des Kirchenjahres zu sprechen; er werde,
so kündigte er an, Samstag in zwei Wochen in Sankt Peter eine Vesper zum Ersten Advent
feiern. Sie gilt nicht nur der Vorbereitung auf Weihnachten, sondern schreibt sich
dieses Jahr auch in eine Initiative für das werdende Leben ein. „Diese
Initiative halten alle Ortskirchen auf der ganzen Welt, und ich habe auch den Pfarreien,
Orden, Verbänden und Bewegungen empfohlen, sich daran zu beteiligen. Die Zeit der
Vorbereitung auf Weihnachten ist ein günstiger Moment, um auf jedes menschliche Leben
den göttlichen Schutz herabzurufen – auch als Dank an Gott für das Leben, das wir
von unseren Eltern empfangen haben.“
In seinem französischen Grußwort erinnerte
Papst Benedikt an seinen Besuch im spanischen Wallfahrtsort Santiago de Compostela
vor einer Woche; der historische Jakobsweg beginnt in Frankreich. Er grüßte auch irakische
Christen auf dem Petersplatz und versprach ihnen, für den Frieden in ihrem Land zu
beten.
„Mit Freude grüße ich die deutschsprachigen Pilger und Besucher hier
auf dem Petersplatz. In den Lesungen der Liturgie in diesen letzten Wochen des Kirchenjahrs
hören wir von Bedrängnissen, die auf die Menschheit zukommen. Doch hierin liegt für
uns auch eine Chance. „Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können“, sagt Jesus im heutigen
Evangelium zu den Jüngern. Lassen wir uns von der göttlichen Weisheit leiten, damit
wir die Zeichen der Zeit erkennen und dementsprechend Gutes wirken. Euch und euren
Familien wünsche ich einen gesegneten Sonntag!“