2010-11-09 11:32:18

Österreich: „ ‚Alle müssen sparen’ ist ungerecht"


RealAudioMP3 Am Montag ist das „Europäische Jahr 2010 zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“ zu Ende gegangen. Kirchenvertreter zogen bei der Abschlussveranstaltung in Wien eine eher nüchterne Bilanz. So sagte Caritaspräsident Franz Küberl der Agentur Kathpress, dass das Jahr nicht sehr tief gegriffen habe.
Diakonie-Direktor Michael Chalupka ergänzte, dass es konkrete Beispiele dafür gebe, dass es an Sensibilität für Armut fehle.

„Das ist die Streichung der Familienbeihilfe für 18- bis 21jährige Arbeitssuchende: Das sind zum Großteil Jugendliche mit Migrationshintergrund. Dort streicht man sozusagen für die Familien in einer ganz entscheidenden Phase eine Unterstützung. Hier werden Jugendliche und auch Familien in die Armut getrieben. Den Satz ‚Alle müssen den Gürtel enger schnallen’ müsste man eigentlich verbieten, weil er einfach ungerecht ist.“

Dass sich Österreich nach der Budgetverhandlungen aus der internationalen Verantwortung der Entwicklungszusammenarbeit völlig verabschiede, sei in einem Jahr, in dem es um Armutsbekämpfung geht, auch ein fatales Signal, ergänzte der Diakonie-Direktor. Aber das Hauptaugenmerk bei der Veranstaltung lag doch auf der eigenen Gesellschaft. Die Theologin und Vizepräsidentin des Europäischen Armutsnetzwerkes Michaela Moser bemerkte, dass für Armutsbekämpfung wenig Erfolge zu verzeichnen gewesen seien. Besonders kritisierte sie den Budgetentwurf der Bundesregierung:

„Die Gruppen, die davon jetzt getroffen werden, sind genau die, die auf der Kippe sind. Die Kürzung der Familienbeihilfe und des Familiengeldes betrifft die, die vielleicht noch nicht von Armut betroffen sind, aber auch nicht weit weg davon sind. Es fehlt sehr stark am Bewusstsein und auch an Maßnahmen, die armutsvermeidend wirken. Das ist ein Knackpunkt der nächsten Zeit: Es stimmt nicht, dass viel zu wenig Mittel da sind. Es stimmt auch nicht, dass wir alle im gleichen Maße sparen müssen, weil das für Menschen mit wenig Einkommen etwas ganz anderes bedeutet als für die, die relativ gut dastehen. Da kann man schon ein wenig mehr zahlen für Benzin oder auch für Wohnraum!“

Wenn man sich vor Augen hielte, welche Interessensgruppen in die laufenden Budgetverhandlungen einbezogen würden - nämlich die Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, Pensionistenvertreter - dann werde einmal mehr deutlich, dass Einkommensschwache keine Lobby hätten. Am ehesten erfüllten die Kirchen und Religionsgemeinschaften diese für soziale Gerechtigkeit so wichtige Vertretungsaufgabe, so Moser.

(kap 09.11.2010 ord)







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