Hier lesen Sie die Ansprache des Papstes bei der Begrüßungszeremonie beim Flughafen
von Santiago de Compostela. (rv)
Königliche Hoheiten,sehr geehrte Vertreter
der nationalen, regionalen und lokalen Behörden, Herr Erzbischof von Santiago de
Compostela, Herr Kardinal, Präsident der spanischen Bischofskonferenz, meine
Herren Kardinäle und Mitbrüder im Bischofsamt, liebe Brüder und Schwestern, meine
lieben Freunde!
Vielen Dank, Königliche Hoheit, für die ehrerbietigen Worte,
die Sie in Ihrer aller Namen an mich gerichtet haben und die die innige Zuneigung
widerspiegeln, die die Menschen dieses edlen Landes für den Nachfolger Petri hegen.
Herzlich
grüße ich die hier Anwesenden wie auch alle, die über die Medien mit uns verbunden
sind, und ich danke auch allen, die auf verschiedenen kirchlichen und öffentlichen
Ebenen großzügig dazu beigetragen haben, daß diese kurze, aber intensive Reise nach
Santiago de Compostela und Barcelona reiche Frucht bringen wird.
Im tiefsten
Inneren seines Seins ist der Mensch immer auf dem Weg, ist er auf der Suche nach der
Wahrheit. Die Kirche nimmt an diesem tiefen Streben des menschlichen Seins teil. Sie
macht sich selbst auf den Weg und begleitet den Menschen, der sich nach der Fülle
seines Seins sehnt. Zugleich legt die Kirche einen eigenen inneren Weg zurück, der
sie durch den Glauben, die Hoffnung und die Liebe dazu führt, Lichtschein Christi
für die Welt zu werden. Das ist ihre Sendung, und das ist ihr Weg: inmitten der Menschen
immer mehr Gegenwart Christi zu sein, „den Gott für uns zur Weisheit gemacht hat,
zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung“ (1 Kor 1,30). Darum habe auch ich
mich auf den Weg gemacht, um meine Brüder im Glauben zu stärken (vgl. Lk 22,32).
Ich
komme als Pilger in diesem Heiligen Jahr von Compostela, und bringe im Herzen die
gleiche Liebe mit, die den heiligen Apostel Paulus antrieb, seine Reisen zu unternehmen,
wobei er den Wunsch hatte, auch Spanien zu erreichen (vgl. Röm 15,22-29). Ich
möchte mich in die große Schar der Männer und Frauen einreihen, die im Lauf der Jahrhunderte
von allen Winkeln der Iberischen Halbinsel, von Europa und selbst aus der ganzen Welt
nach Compostela gekommen sind, um vor den heiligen Jakobus hinzutreten und sich vom
Zeugnis seines Glaubens umformen zu lassen. Mit ihren Spuren und voller Hoffnung schufen
sie einen Weg der Kultur, des Gebets, der Barmherzigkeit und der Umkehr, der in Kirchen
und Hospitälern, in Herbergen, Brücken und Klöstern Gestalt angenommen hat. Auf diese
Weise haben Spanien und Europa ein geistiges Gesicht entfaltet, das auf unauflösliche
Weise vom Evangelium gekennzeichnet ist.
Gerade als Bote und Zeuge des Evangeliums
werde ich auch nach Barcelona gehen, um den Glauben seiner gastfreundlichen und tatkräftigen
Bewohner zu stärken. Ein Glaube, der schon in der Frühzeit des Christentums gesät
worden ist und der unter dem Klima zahlloser Beispiele von Heiligen keimte und wuchs
und zur Gründung sehr vieler Wohlfahrts-, Kultur- und Bildungseinrichtungen führte.
Dieser Glaube inspirierte den genialen Architekten Antoni Gaudí, dort, mit dem Eifer
und der Mitarbeit vieler Helfer, jenes Wunderwerk in Angriff zu nehmen, welches die
Kirche der „Sacrada Familia“ darstellt. Ich werde die Freude haben, diese Kirche zu
weihen, in der sich die ganze Größe des menschlichen Geistes, der sich Gott öffnet,
widerspiegelt.
Ich empfinde eine tiefe Freude, erneut hier in Spanien zu sein,
das der Welt eine Vielzahl großer Heiliger geschenkt hat, Ordensgründer und Schriftsteller,
wie Ignatius von Loyola, Theresia von Jesus, Johannes vom Kreuz und Franz Xaver und
viele andere mehr. Spanien hat im 20. Jahrhundert neue Einrichtungen, Gruppen und
Gemeinschaften christlichen Lebens und des Apostolats hervorgebracht. In den vergangenen
Jahrzehnten schreitet es nun in Eintracht und Gemeinsamkeit, in Freiheit und Frieden
voran und blickt zuversichtlich und verantwortungsvoll in die Zukunft. Von seinem
reichen Erbe an menschlichen und geistlichen Werten angespornt, sucht es auch inmitten
der Schwierigkeiten weiterzukommen und seine Solidarität der internationalen Gemeinschaft
anzubieten.
Diese Beiträge und Initiativen Ihrer langen Geschichte wie auch
der Gegenwart, gemeinsam mit der Bedeutung dieser beiden Orte Ihres schönen Landes,
die ich bei dieser Gelegenheit besuchen werde, geben mir den Anstoß, meine Gedanken
auf alle Völker Spaniens und Europas auszuweiten. Wie der Diener Gottes Papst Johannes
Paul II. von Compostela aus den Alten Kontinent ermahnte, seinen christlichen Wurzeln
neue Kraft zu geben, so will auch ich Spanien und Europa auffordern, ihre Gegenwart
aufzubauen und ihre Zukunft zu planen auf der Grundlage der echten Wahrheit des Menschen,
der Freiheit, die diese Wahrheit respektiert und sie nie verletzt, wie auch der Gerechtigkeit
für alle, angefangen bei den Ärmsten und den Einsamen. Ein Spanien und ein Europa,
die sich nicht nur um die materiellen Bedürfnisse der Menschen Sorgen machen, sondern
auch um die moralischen und sozialen Werte sowie um die spirituellen und religiösen
Anliegen kümmern, weil all diese echte Ansprüche des einen und alleinigen Menschen
sind und man nur so in wirksamer, umfassender und fruchtbarer Weise für sein Wohl
wirkt.
Liebe Freunde, nochmals bekunde ich Ihnen meinen Dank für Ihren herzlichen
Empfang und Ihre Anwesenheit an diesem Flughafen. Erneut bringe ich den geliebten
Söhnen und Töchtern Galiziens, Kataloniens und allen anderen Völkern Spaniens meine
Zuneigung und Nähe zum Ausdruck. Ich empfehle meinen Aufenthalt bei Ihnen der Fürsprache
des heiligen Apostels Jakobus an und bitte Gott, daß er Ihnen allen seinen Segen schenke.
Vielen Dank.