Unser Korrespondent vor Ort berichtet täglich aus Spanien, was hinter den Kulissen
der Papstreise in Santiago und Barcelona geschieht. Mario Galgano ist seit Donnerstag
in Spanien unterwegs.
Im Pressezentrum in Santiago de Compostela herrschte
in diesen Tagen Hochbetrieb. Etwa 1.000 Journalisten hatten nach Angaben der galicischen
Organisatoren eine Akkreditierung . Um in den großen Pressesaal zu gelangen, musste
man Schlange stehen. Doch das lag nicht an der Zahl der Journalisten: Die meisten
waren gar nicht im Pressezentrum anzutreffen. Der Medientreffpunkt war hingegen von
mehreren hundert Polizisten „umzingelt“, die rund um das Gebäude die Zugänge kontrollierten.
Um also in die „heiligen Medien-Hallen“ einzutreten, wurde man von Kopf bis Fuß untersucht.
Selbst wenn derselbe Polizist uns mehrmals am Tag gesehen hatte, wurde jedes Mal dieselbe
Prozedur angewandt. Doch die interessantesten, spannendsten und vielleicht auch wichtigsten
Informationen bekamen die Journalisten sowieso nicht im Pressezentrum, sondern auf
der Strasse und vor allem bei der Kathedrale von Santiago. Dort halten sich ständig
Hunderte Pilger und Einheimische auf, die persönliche Erlebnisse gerne weitererzählen
- und zwar ohne gleich den Personalausweis zu verlangen.
Santiago de
Compostela, 6. November 2010
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Santiago ist ein Vorgeschmack
auf das kommende Weltjugendtreffen in Madrid in einem Jahr. In der galicischen Hauptstadt
sieht man nämlich unter den Pilgern vor allem viele Jugendliche. Der Papst wird wie
ein Popstar gefeiert… und das obwohl er noch gar nicht da ist. Benedikt-Schals sind
derzeit der Renner hier. Die sehen wie jene von Borussia-Dortmund aus, weil sie vor
allem gelb und schwarz sind. Aber unter den Pilgern habe ich auch bayrische Pilger
mit Santiago-Benedikt-Schals gesehen, die wohl eher dem FC Bayern die Daumen drücken.
Das ist wohl auch ein Wunder von Santiago. Benedikt verbindet. Apropos Fußball: wenn
man hier in den vollgestopften Gasthäusern am Samstagabend von Santiago sprach, ging
es gar nicht um den Pilgerort sondern um das Santiago-Bernabeu-Stadion in Madrid und
das Topspiel zwischen Real und Atletico. Da merkt man, auch fromme Pilger können fussballverückt
sein.
Santiago de Compostela, 5. November 2010
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Was
mögen die Männer wohl gedacht haben, die der Legende nach den Leichnam des Apostels
Jakobus nach Santiago de Compostela brachten? Das typische Nebelmeer in dieser Ortschaft
muss auf sie fremd gewirkt haben. Und auch in unseren Tagen finden wir folgendes vor:
keine klare Sicht, Kälte und ein leichter manchmal sehr unangenehmer Atlantikwind.
Die Hauptstadt Galiciens ist in der Tat ein Unikat. Während alle von den sturen Katalanen
und den stolzen Basken sprechen, vergisst man leicht, dass hier ein Volk lebt, das
wie sein Nebel undurchschaubar ist. Das habe ich bei der Ankunft in Santiago festgestellt.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, die Menschen sind hier sehr gastfreundlich.
Doch beim Gespräch mit den Organisatoren oder auch den Ladenverkäufern hört man schon
merkwürdige Sachen. Zum Beispiel: Unser Chauffeur wollte uns klarmachen, dass es sich
bei der Papstreise gar nicht um eine Spanienreise handele. Es sei nicht ein, sondern
gleich zwei Staatsbesuche, so der Fahrer. Einerseits besuche Benedikt XVI. sein Galicien
und andererseits werde der Pontifex am Sonntag in das ferne nordöstliche Katalonien
reisen. Auf meine Frage, was er damit andeuten wolle und ob er für mehr Unabhängigkeit
„seines“ Galiciens eintreten möchte, schwieg er wie die zahlreichen Pilgermuscheln,
die in den Geschäften feilgeboten werden. Ja, der Nebel von Santiago erinnert mich
an die dritte Strophe des Schweizer Psalms also der Hymne „meiner“ Schweiz.