So kann es nicht weitergehen.
Die angegriffene christliche Gemeinschaft reagiert mit einer klaren Aufforderung:
Nach dem verheerenden Blutbad in der syrisch-katholischen Kirche in Bagdad fordern
Vertreter der christlichen Assyrer-Chaldäer-Aramäer im Irak eine autonom verwaltete
Region für ihr Volk. Dieses Gebiet soll in der Provinz Niniveh im Norden des Landes
entstehen. Doch vorerst gelte es, die Umstände des Angriffs zu klären. Das sagt uns
der chaldäische Weihbischof von Bagdad, Shlemon Warduni.
„Wir beten für
die Opfer dieser schrecklichen Tat aber auch für die Täter: Möge Gott ihre Herzen
bekehren. Der Angriff war schrecklich! Laut einem Bericht, den eine der Geiseln per
Handy durchgab, begann der Alptraum für die Besucher der Abendmesse der syrisch-katholischen
Kirche, als auf der Straße vor dem Gotteshaus eine Bombe detonierte, die mit einem
Magneten an einem Auto befestigt worden war.“
Kurz darauf explodierte ganz
in der Nähe eine größere Autobombe und mehrere schwer bewaffnete Geiselnehmer stürmten
in die Kirche, so ein Augenzeuge. In einigen Berichten war von fünf, in anderen von
acht Geiselnehmern die Rede. Die Terroristen trieben die Gläubigen in ein kleines
Zimmer, dessen Türen und Fenster sie verrammelten.
„Dann fiel der Strom
aus. Die Gläubigen, die in Todesangst waren, warfen sich zu Boden.“
Kurz
nach Beginn der Geiselnahme war auf islamistischen Websites ein Bekennerschreiben
im Namen der Gruppe Islamischer Staat im Irak aufgetaucht, einem lokalen Ableger des
Terrornetzwerks El Kaida. Darin wird ein Zusammenhang zwischen der Geiselnahme und
dem Fall einer jungen Ägypterin hergestellt, von der Muslime behaupten, sie sei zum
Islam übergetreten und werde nun von der koptischen Kirche Ägyptens festgehalten.
Für die Echtheit dieses etwas merkwürdig formulierten Bekennerschreibens gab es keinen
Beweis.
Hintergrund Die meisten irakischen Christen sind Chaldäer,
die der römisch-katholischen Kirche angehören. Verlässliche Angaben zur Zahl der im
Irak lebenden Christen gibt es nicht. Die Organisation „Kirche in Not“ schätzt, dass
den 96 Prozent Muslimen im Irak 3,2 Prozent Christen gegenüberstehen. Schätzungen
zufolge flohen seit der US-Invasion 2003 fast die Hälfte der einst rund 1,5 Millionen
Christen vor dem islamistischen Terror außer Landes. Tausende verließen nach Angaben
von „Kirche in Not“ große Städte wie Bagdad oder Basra und suchten Zuflucht im Norden,
wo die Lage ruhiger, aber auch nicht völlig sicher ist. Seit dem Einmarsch der Amerikaner
wurden mehr als 730 Christen ermordet. Menschenrechtler gehen davon aus, dass über
70 Prozent der Taten nicht aufgeklärt werden.