Österreich: Seelsorge in Kosovo, auf dem Golan, im Tschad
Der Kosovo und die
Westsahara, Kongo, Nepal und die Golanhöhen: alles Konfliktherde, an denen das österreichische
Bundesheer Auslandseinsätze geleistet hat oder noch leistet. Seit 1960 haben mehr
als 90.000 österreichische Soldaten und zivile Helfer an über 50 internationalen friedensunterstützenden
und humanitären Missionen teilgenommen. Seit 50 Jahren immer im Ausland dabei: die
katholische Militärseelsorge. Heute steht die Militärseelsorge vor enormen Herausforderungen,
aber entsprechend auch vor Chancen, unterstrich der Leiter des „Instituts für Religion
und Frieden“ (IRF), Bischofsvikar Werner Freistetter am Rande der Enquete „Seelsorger
im Dienst des Friedens" in der Landesverteidigungsakademie in Wien.
„50
Jahre sind ein Anlass, zurück zu blicken, und das tut jetzt die Militärseelsorge.
Wir waren sehr bald in einer organisierten Form eingebunden in die Kontingente, die
ins Ausland entsandt wurden. Viele Militärseelsorger haben ihren Dienst an diesen
unterschiedlichen Orten versehen und dabei natürlich auch Erfahrungen gesammelt, und
Erlebnisse in ihrem eigenen Glauben gehabt und dort auch Vertiefung erlebt. Sie haben
für die Soldaten in religiöser und menschlicher Hinsicht zur Verfügung gestanden.
Die Enquete-Kommission hat nun das Ziel gehabt, Erfahrungen und Erinnerungen Revue
passieren zu lassen und auch einen Blick in die Zukunft zu wagen.“ Mit Strukturmaßnahmen
und einer konzeptionellen Neuausrichtung wolle die katholische Militärseelsorge jetzt
die Weichen in Richtung Zukunft stellen. Durch die Schaffung von vier Dekanaten und
die Auslotung des seelsorgerischen Betreuungsbedarfs im Bundesheer wolle man den veränderten
Rahmenbedingungen moderner militärischer Einsätze gerade im Ausland Rechnung tragen,
unterstrich Freistetter gegenüber der Agentur Kathpress: zwei der Dekanate werden
thematisch orientiert sein und sich um die Aus- und Weiterbildung von Soldaten und
um die Auslandseinsätze kümmern. Hier sollen auch neue seelsorgerische Konzepte erarbeitet
werden. „Wir haben einen Blick in die Zukunft geworfen, der besonders
dadurch gekennzeichnet ist, dass einerseits die Anforderungen steigen an das, was
Soldaten bei Auslandseinsätzen zu tun haben: die Einsätze werden wahrscheinlich risikoreicher
und gefährlicher werden. Andererseits hat sich auch die religiöse Landschaft verändert.
Wir wissen, dass die Menschen heute sehr häufig der Kirche fern stehen und dass es
nicht mehr selbstverständlich ist, Christ zu sein. Wir wissen aber andererseits auch,
dass es ein Verlangen nach Spiritualität und nach tieferer Sinngebung im Leben gibt.
Das alles kommt auch in den Auslandseinsätzen verdichtet zusammen und die Militärseelsorger
müssen sich damit auseinandersetzen.“ Erstes Einsatzziel war 1960 der Kongo,
wo es um die Errichtung eines Feldlazaretts ging. Bei dem Einsatz - er dauerte von
November 1960 bis September 1963 - wurden zunächst in erster Linie die Angehörigen
der UNO-Streitkräfte medizinisch versorgt. In den 1960er- und 1970er-Jahren folgten
die großen UNO-Blauhelm-Missionen in Zypern und auf den von Israel besetzten syrischen
Golan-Höhen. 1995 kam Bosnien, 1999 der Kosovo und 2008 der Tschad. Derzeit befinden
sich rund 1.000 Soldaten in elf Ländern im Einsatz. Wie Militärbischof Christian Werner
bei der Enquete in der Wiener Landesverteidigungsakademie betonte, müsse im Zentrum
aller Seelsorge im Militär die „Liebe zu den Soldaten und ihren Angehörigen" stehen,
aber auch Sympathie gegenüber den Kulturen und Religionen an den Einsatzorten. Die
Militärseelsorge bleibe als Form der „nachgehenden Seelsorge" zukünftig „unersetzlich",
so Werner. Zugleich unterstrich der Bischof das hohe Ansehen, dass die Seelsorger
unter den Soldaten und Vorgesetzten genießen.
„Insgesamt können wir feststellen,
dass die Seelsorge sicher ein Dienst ist, der von den Soldaten weiter nachgefragt
wird, der wertvoll ist und der sogar – wie es der Militärbischof gesagt hat – unersetzlich
ist. Das ist keine Selbstüberschätzung, sondern trifft etwas sehr Tiefes: der Seelsorger
kann aus einer Dimension heraus und in Bereiche hinein sprechen, sie vielleicht anderen
nicht so zugänglich sind. Daher blicken wir recht hoffnungsvoll in die Zukunft und
werden unsere Zusammenarbeit - Sorge um den Menschen ist nur in Zusammenarbeit möglich
– mit den militärischen Dienststellen, mit den Ärzten und Psychologen, aber auch natürlich
die ökumenische Zusammenarbeit weiter ausbauen, damit unsere Soldaten auch die Betreuung
haben, die sie verdienen. Der Dienst, den sie bei diesen Einsätzen versehen, ist ein
verantwortungsvoller und wichtiger Dienst.“ (kap/rv 25.10.2010 ord)