44 Vorschläge zur
Stärkung der katholischen Kirche in Nahost haben die Synodenväter am Samstag als Ergebnis
ihrer zweiwöchigen Beratungen an Papst Benedikt überreicht. Das Papier dient dem Papst
als Grundlage für das Verfassen des offiziellen Schlussdokuments der Nahost-Bischofssynode,
das in mehreren Monaten erscheinen wird.
„Schaut auf diese Region“
Die
Synodenväter empfehlen, in der ganzen Welt auf die dramatische Lage bestimmter christlicher
Gemeinschaften des Nahen Ostens hinzuweisen, die „bis hin zum Martyrium“ reicht. Nationale
und internationale Instanzen seien dazu aufgerufen, diese Situation zu beenden.
Migration:
Auswanderung
In mehreren Punkten widmet sich das Papier dem Phänomen der
Migration, und zwar sowohl unter dem Aspekt der Auswanderung als auch der Einwanderung.
Um die Präsenz von Christen im Nahen Osten zu stärken, ermahnen die Synodenväter die
Gläubigen konkret dazu, ihre Grundstücke und Häuser nicht an Fremde zu veräußern,
wenn sie wegziehen. Im Gegenteil sollten Projekte ins Leben gerufen werden, die es
den Eigentümern erlaubten, in ihrer Heimat ein würdiges Leben zu führen. Gleichzeitig
regen die Synodenväter die Gründung einer Kommission an, die das Phänomen der Abwanderung
von Christen in den Blick nimmt und Vorschläge erarbeitet, sie zu stoppen. Die Kirchen
jener Länder, die christliche Emigranten aus dem Nahen Osten aufnehmen, sollten die
Traditionen der Ostkirchen kennen und respektieren.
Migration: Einwanderung
Im Punkt 14 ihrer Vorschläge sprechen die Synodenväter von den Einwanderern
in die Länder des Nahen Ostens. Sie bitten die katholischen Einrichtungen, speziell
die Caritas, aber auch die Politiker darum, die grundlegenden Rechte von Einwanderern,
gleich welcher Nationalität oder Religion, zu respektieren. Punkt 19 befasst sich
mit der Lage der Katholiken in den Golfstaaten. Auch hier regen die Synodenväter die
Gründung einer Kommission an, die sich mit den christlichen Gemeinden in den betreffenden
Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit befasst und dem Heiligen Stuhl Wege
zur besseren seelsorgerlichen Betreuung dieser Menschen aufzeigt. Überdies wäre es
sinnvoll, so eine Randbemerkung der Synodenväter, wenn die römische Kurie ihre Dokumente
auch in arabischer Sprache anböte: Dann hätten die Christen arabischer Kultur einen
leichteren Zugriff auf die Informationen aus Rom.
Mehr verheiratete Priester
Im
Abschnitt über das Verhältnis zwischen Bischöfen, Priestern und Gläubigen schlagen
die Synodenväter dem Papst vor, über verheiratete Priester nachzudenken. Zwar werde
der Zölibat überall in der katholischen Kirche geschätzt. Dennoch sei es wünschenswert,
mit Blick auf die Betreuung der Gläubigen, „wohin immer sie gehen“, und um die östliche
Tradition zu respektieren, mehr Einsatzmöglichkeiten für verheiratete Priester zu
prüfen. Diese dürfen bisher nur auf dem Territorium ihres Patriarchats tätig sein.
Zudem regen die Synodalen an, Laien bei der Teilhabe an der Verantwortung der Kirche
mehr zu berücksichtigen. Jugendlichen wollen sie in Zukunft mehr zuhören und ihnen
eine bessere spirituelle Ausbildung bieten, auch damit sie sich daran machen können,
„die Mauern der Trennung in der Gesellschaft einzureißen“.
Ökumene auf
Arabisch
In Fragen der Ökumene sollten die verschiedenen Kirchen im Nahen
Osten ihre Anstrengungen zur Einheit vertiefen, wünschen sich die Synodenväter. Sie
sprechen sich für eine einheitliche arabische Übersetzung des Vaterunsers und des
Glaubensbekenntnisses aus. Weiters sollten sich die Kirchen endlich auf ein gemeinsames
Datum für das Weihnachts- und das Osterfest einigen.
Nein zu Antisemitismus
Dem
Dialog mit Judentum und Islam widmen sich drei der 44 Vorschläge. Die Christen im
Nahen Osten sind zunächst zu einer „Reinigung der Erinnerung“ aufgerufen, ein Ausdruck,
der zweimal im Dokument vorkommt. So sollen die Christen am gegenseitigen Verzeihen
vergangener Episoden arbeiten und nach Wegen für eine bessere gemeinsame Zukunft suchen.
Trotz aller Schwierigkeiten sollen sie am Aufbau einer „neuen Gesellschaft“ mitwirken,
„in der religiöser Pluralismus respektiert ist und Fanatismus sowie Extremismus ausgeschlossen
sind“. Konkret wünschen sich die Synodenväter eine stärkere Zusammenarbeit mit Juden,
um „menschliche und religiöse Werte, Freiheit, Gerechtigkeit, Frieden und Brüderlichkeit»
zu fördern. Klar verurteilt das Dokument der Synodalen Antisemitismus und Antijudaismus;
es weist darauf hin, dass Religion und Politik voneinander zu unterscheiden sind.
Nein zu Extremismus
Im Dialog mit den Muslimen sei es entscheidend,
die Würde der menschlichen Person zu betonen, die Gleichheit der Rechte und Pflichten
sowie die Religionsfreiheit, inklusive der Kult- und Gewissensfreiheit. Die Christen
im Nahen Osten sollten sich von negativen Vorurteilen bezüglich der Muslime verabschieden
und gemeinsam mit ihnen Fundamentalismus und Gewalt im Namen der Religion entgegentreten.
(rv 24.10.2010 gs)