„Apostelgeschichte
2010“ – so heißt der kirchliche Gesprächsprozess im Erzbistum Wien, der seit drei
Jahren läuft und jetzt auf seinen Höhepunkt zusteuert. Im Stephansdom eröffnete Kardinal
Christoph Schönborn am Donnerstag Abend die 3. Wiener Diözesanversammlung. Auf ihr
beraten mehr als 1.400 Delegierte aus den Pfarren, katholischen Organisationen und
Einrichtungen. Strukturreform und Missionsgedanke Eine Art „Masterplan"
für dringend nötige kirchliche Strukturreformen skizzierte Kardinal Schönborn vor
den Delegierten zum Auftakt der Gespräche. „Jetzt ist der Moment, Veränderungen aktiv
anzugehen. In zehn Jahren können wir sie nur mehr erleiden“, betonte der Wiener Erzbischof.
Während in vielen Diözesen Europas die Reformen nach einem Rasterplan geschehen und
mit radikalen Einschnitten einhergehen, werde man in Wien aber bewusst einen anderen
Weg suchen. „Strukturreform und Missionsgedanke dürfen nicht voneinander getrennt“
werden. Das kirchliche Krisenjahr 2010 mit seiner „enormen Zahl an Kirchenaustritten“
habe „schmerzlich deutlich gemacht, dass die Entwicklung schneller als gedacht“ vor
sich gehe. Allerdings biete sich in der Krise auch die Chance, „sich in dem beschleunigten
Umwandlungsprozess zu beteiligen“, so Schönborn. Thema Leitung der Pfarreien Zentral
für einen Masterplan des Erzbistums sei u.a. ein neues Zusammenwirken in der Pfarrleitung.
Schönborn wörtlich: „Vielleicht war ich da in den letzten Jahren zu ängstlich bei
der Zulassung und Förderung des Miteinanders in der Leitung unserer Gemeinden.“ Tatsächlich
gebe es viele positive Erfahrungen, wo die gemeinsame Leitung von Gemeinden mit Beteiligung
der Laien gut funktioniere. „Da haben wir viel zu lernen“, befand der Kardinal. Ebenfalls
in den Masterplan ordnete er die Stärkung der missionarischen Initiativen in den Gemeinschaften,
Orden und Pfarren ein. Es gehe um ein „'Ja' zur Welt und die Bereitschaft, sich wirklich
als Kirche auf die säkulare Welt einzulassen“. Vielfalt der Religionen Weiter
brauche es eine bewusste Wahrnehmung der „Vielfalt der Religionen, wie sie bei uns
leben“, inklusive des Islams, sowie der Vielfalt der christlichen Konfessionen. So
bilden etwa die orthodoxen und altorientalischen Konfessionen mit rund 500.000 Christen
nach den Katholiken die zweitgrößte Gruppe in Österreich. „Es muss unser vitales Interesse
sein, diese zu fördern, ihnen zu helfen - auch mit Kirchen und Gebäuden.“ Schließlich
gelte es auch, die große Zahl der anderssprachigen Gemeinden zu berücksichtigen: „Sie
sind ein wichtiger Teil unserer Zukunft“, denn schon jetzt besitze rund ein Viertel
der Katholiken in Wien Migrationshintergrund. (kap 15.10.2010 sk)