2010-10-15 11:32:16

Synode: Die Stunde der Ökumene


Am Freitag Vormittag schlug auf der Nahost-Bischofssynode im Vatikan die Stunde der Ökumene: Da ergriffen im Beisein des Papstes Beobachter aus anderen christlichen Kirchen (so genannte „brüderliche Delegierte“) das Wort. Einige von ihnen forderten mit Verve eine baldige Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Es wurde klar, dass sich die Christen im Nahen Osten angesichts eines schwierigen Umfelds in einem Boot fühlen. Hier sind Kernsätze aus wichtigen Statements, zusammengestellt von Stefan Kempis.
Der griechisch-orthodoxe Erzbischof Makarios Tillyridis aus Kenia: „Im Nahen Osten bedeutet Religionsfreiheit gewöhnlich nur Kultfreiheit und nicht Gewissensfreiheit – also nicht das Recht, seine Religion zu wechseln. Religion wird hier als eine soziale, ja nationale Sache angesehen und nicht als eine individuelle. Religionswechsel gilt als Verrat an der Gesellschaft.“
Der griechisch-orthodoxe Erzbischof von Byblos im Libanon: „Den Papst von Rom in den ostkirchlichen Liturgien zu erwähnen, ist eine neue Praxis, die man im Orient noch nie gekannt hat!“
Der armenische Bischof Armash Nalbandian aus Syrien: „Der Hauptgrund für die Emigration von Christen ist häufig, dass westliche Politiker die Existenz von Christen in Nahost ignorieren und unsere Länder als Terroristenländer oder –gesellschaften bezeichnen. Islamisches Land bedeutet nicht automatisch Terroristenland! ... Wir können die Kirchen im Westen nur bitten, ihre Stimme zu erheben, wenn Politiker oder Geschäftemacher versuchen, Krieg aus wirtschaftlichen oder politischen Interessen mit Religion zu rechtfertigen.“
Shaban Sarkissian, ebenfalls armenischer Bischof in Syrien: „Wir sollten die Einheit der Kirchen noch konkreter und klarer zeigen... Patriarch Aram I. sieht diese Synode in gewisser Weise als eine Synode aller Kirchen des Nahen Ostens an, weil wir unter denselben Bedingungen leben und mit denselben Problemen und Herausforderungen konfrontiert sind.“
Der assyrische Metropolit des Irak, Gewargis Sliwa: „Alle Christen im Nahen Osten und vor allem im Irak haben von dieser Synode gehört und glauben, dass Gott uns alles geben wird, was wir für ihre Sicherheit und ihr Glück erbitten. Die Probleme der Christen im Irak sind andere als die der anderen Christen im Nahen Osten. Die Lage braucht schnelles Handeln – sonst verlieren die Christen jede Hoffnung auf Treffen wie dieses hier und sagen: Wie lange sollen wir denn noch warten.“
Der evangelische Pastor Olav Fykse Tveit vom Weltrat der Kirchen (seine Botschaft wurde verlesen): „Jerusalem hat eine besondere Bedeutung für alle, und der israelisch-palästinensische Konflikt hat starke negative Implikationen für die ganze Region und weit darüber hinaus. Wir glauben, dass ein gerechter Friede für Jerusalem eine starke positive Wirkung hätte, auch für die Kirchen und ihr Zeugnis in der Region. Als ich kürzlich in Jerusalem war, drängten mich die Oberhäupter der Ortskirchen, mich für ein Ende der Besatzung starkzumachen... Das ist auch der wichtigste Wunsch, den die palästinensischen Christen vorbringen.“
Ansonsten gab es am Freitag Vormittag aber noch weitere Wortmeldungen von „regulären“ Teilnehmern der Nahost-Bischofssynode. Hier also eine weitere, kleine Übersicht.
Kardinal Jean-Louis Tauran vom Päpstlichen Dialograt: „Wir sollten nicht zu ängstlich sein, nicht nur Kult-, sondern auch Religionsfreiheit zu fordern: Gesellschaft und Staat dürfen niemanden zwingen, gegen sein Gewissen zu handeln!“
Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo aus Nazareth, Israel: „Bildung und Ausbildung ist das größte Bedürfnis der Kirche in Nahost – das ist die pastorale Priorität, die die Synode setzen sollte. Natürlich hat der christliche Nahe Osten einen starken Glauben – aber dieser ist erblich, sozial, konfessionell. Um unseren Glauben persönlicher, aktiver und lebendiger zu machen, brauchen wir eine (neue) kulturell-historische Vermittlung des Glaubens... Im 7. und 8. Jahrhundert haben die Kirchen im Orient überlebt, weil sie ... eine christlich-arabische Theologie entwickelten. Das hat sie buchstäblich gerettet in Nahost, während sie anderswo verschwanden.“
Erzbischof Riccardo Fontana von Arezzo, Italien: „Man sagt uns oft, dass ein großer Teil der Entscheidungen, die den Kirchen in Nahost helfen könnten, im Westen fallen. Der Heilige Stuhl und wir Bischöfe können auf die öffentliche Meinung einwirken und den Regierungen klarmachen, dass Jerusalem und die Christen in Nahost unaufgebbare Prioritäten für alle Christen sind.“
Der maronitische Bischof Joseph Koury aus Kanada: „Es ist paradox, dass in dem globalen Dorf, zu dem die Welt geworden ist, die Fundamentalismen und das Sektierertum gewalttätiger werden.“
(rv 15.10.2010 sk)








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