Nahost-Synode im Vatikan: Stellungnahmen am Donnerstag
Die manchmal schwierigen
Beziehungen zum Islam standen im Mittelpunkt einiger Kurzansprachen von Teilnehmern
der Nahost-Sondersynode im Vatikan am Donnerstag Abend. Wohl die stärkste Betroffenheit
löste der italienische Bischof Franceschini aus der Türkei aus, als er erklärte, sein
Amtsbruder Padovese sei am 3. Juni einem wohlvorbereiteten Mordkomplott von „Ultranationalisten
und religiösen Fanatikern“ zum Opfer gefallen. Auch ein Pfarrer aus Jordanien sprach
von einer „durchdachten Kampagne, um die Christen aus dem Nahen Osten zu vertreiben“.
Hier eine Übersicht über einige der Ansprachen, zusammengestellt von Stefan Kempis,
der die Synode für uns aus der Nähe verfolgt.
Bischof Ruggero Franceschini
von Smyrna in der Türkei: „Um einmal alle unerträglichen Verleumdungen zum Schweigen
zu bringen, sei klar gesagt: Der brutale Mord an Bischof Luigi Padovese war ein Mordkomplott.
Hinter ihm stecken dieselben dunklen Kräfte, die der arme Luigi wenige Monate zuvor
schon als Verantwortliche für den Mord an Pfarrer Andrea Santoro, am armenischen Journalisten
Hrant Dink und an vier Protestanten in Malatya benannt hatte: eine Gruppe von Komplizen,
Ultranationalisten und religiöse Fanatiker, Experten im Hervorrufen von Spannungen.“
Pfarrer
Raymond Moussalli aus Jordanien: „Es gibt eine durchdachte Kampagne, um die Christen
aus dem Nahen Osten zu vertreiben. Es gibt satanische Pläne von Gruppen extremistischer
Fundamentalisten, die sich nicht nur gegen die Christen im Irak richten, sondern gegen
die Christen im ganzen Nahen Osten.“
Der libanesische Erzbischof und Nuntius
Edmond Farhat: „Der islamische Nahe Osten ist großenteils in einer schweren Krise.
Er findet keine Verbündeten – weder menschlich noch politisch und erst recht nicht
auf wissenschaftlichem Gebiet. Er ist frustriert und lehnt sich auf. Die Folgen sind
Revolution und Radikalisierung… Vom Irak bis zur Türkei, von Pakistan bis nach Indien
multiplizieren sich die Opfer. Es sind immer Unschuldige, wie Bischof Luigi Padovese
oder Pfarrer Andrea Santoro in der Türkei.“
Bischof Gregoire Pierre Melki
aus Jerusalem: „Solange der israelisch-palästinensische Konflikt nicht gelöst
ist, sollten wir uns nicht über Emigration von Christen wundern, er ist nämlich der
Hauptgrund für die Emigration. Es gibt aber auch noch andere Faktoren: niedrige Geburtenrate,
spätes Heiratsalter, Familienzusammenführung, Fortsetzung höherer Studien im Ausland
usw.“
Bischof Paul Nabil El-Sayah aus Haifa, Israel: „Ich fordere alle
Kirchen auf, das Nötige zu tun, um den Nahöstlichen Kirchenrat vor dem Kollaps zu
retten. Er ist schließlich der einzige Dachverband, in dem sich all unsere Kirchen
treffen. Das wäre ein großer Verlust für die Sache der Ökumene. Der Punkt Ökumene
wird einer sein, an dem Erfolg oder Misserfolg dieser Synode gemessen werden!“
Der
melkitische Bischof Georges Kahhale aus Venezuela: „Was können einige Bischöfe
oder Apostolische Exarchen schon tun, zusammen mit ein paar Priestern, wenn sie sich
einem Meer von Emigranten in einem neuen Land gegenübersehen? Der Heilige Stuhl und
Staatsoberhäupter sollten versuchen, im Nahen Osten ein Umfeld von Frieden und Gerechtigkeit
herzustellen, das einige Familien wieder zur Rückkehr in ihr Ursprungsland bewegt.“
Der
melkitische Bischof Ibrahim Ibrahim aus Kanada: „Wenn Christen den Nahen Osten
verlassen, um eine Koexistenz mit anderen Religionen zu vermeiden, dann ist ihnen
nicht klar, dass im Westen mittlerweile die Notwendigkeit der Koexistenz womöglich
sogar noch grösser ist. Der Westen ist immer diversifizierter und verwandelt sich
wegen der Einwanderung in ein Milieu, das alle Ethnien, Kulturen und Religionen aufnimmt.
Nun stimmt es zwar, dass man die Auswanderung von Christen aus dem Nahen Osten nicht
ermutigen soll; aber gleichzeitig darf man auch nicht vergessen, dass die gerechtfertigte
Auswanderung ein unveräusserliches Menschenrecht ist.“
Der chaldäische Erzbischof
Thomas Meram aus dem Iran: „ Zur Emigration bemerke ich, dass es die seit über
hundert Jahren gibt, und nicht nur aus dem Nahen Osten, sondern auch aus Ländern Asiens,
Afrikas und Südamerikas. Die Gründe sind vielfältig – aber jeder Mensch hat das Recht
zu leben, wo er will. Trotz der Emigration und der kleinen Zahl von Katholiken (im
Iran) sehen wir heute ein Wachstum an Berufungen; die Kirche im Iran hat frische Blätter
und trägt Früchte. Von unseren vierzehn Priestern sind sechs Iraner; zwei weitere
dienen der Kirche außerhalb der Landesgrenzen; unsere vier Bischöfe sind Nicht-Iraner,
aber von den 21 Ordensfrauen sind 15 Iranerinnen.“