2010-10-12 15:59:42

„Retten wir ein Dorf!“ – Ein etwas anderes Schulprojekt in Indien


RealAudioMP3 Mutter Teresa lebt: Mit Herz und Hand folgen zahlreiche indische Ordensfrauen der tatkräftigen Missionarin nach; ihren Einsatz würdigt das katholische Hilfswerk missio im Monat der Weltmission Oktober mit zahlreichen Veranstaltungen. Zu Gast in Aachen war in diesen Tagen in dem Rahmen auch die indische Karmeliterschwester Maria Nirmalini. Sie ist rund um die indische Hauptstadt Neu Delhi und im Bundesstaat Orissa in Bildungsprojekte engagiert. Anne Preckel berichtet.

Manche Dinge kann man sich nicht vorstellen, und manche Dinge will man sich auch gar nicht vorstellen. So ging es der indischen Ordensschwester Nirmalini, als sie im April 2006 in das Dorf Nuh bei Neu Delhi kam: Viele der muslimischen Dorfbewohner standen kurz vor dem Verhungern und waren sich selbst überlassen. Von staatlicher Unterstützung, Schulen oder ausreichendem Lebensunterhalt konnte damals nicht die Rede sein. Schwester Nirmalini erinnert sich im Interview mit Radio Vatikan:

 
„Das hat mich einfach bewegt, nur 100 km von Neu Delhi entfernt totale Armut und Analphabetismus zu finden. Alle in diesem Dorf waren krank. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass vor den Toren der indischen Hauptstadt solche schrecklichen Dinge zu sehen waren.“

 
Armut und Hoffnungslosigkeit – das war eine andere Kulisse als die, die Schwester Nirmalini bis zu diesem Zeitpunkt tagtäglich umgab: In New Delhis Diplomatenviertel leitet sie eine katholische Privatschule für Mädchen. Im „Carmel Convent“ werden zum größten Teil Kinder der indischen Mittelschicht ausgebildet, von Ingenieuren, Anwälten und Ärzten.

„Wir haben um die 1.800 Schülerinnen, von denen 360 Christen sind, die anderen sind Hindus und Moslems oder Pandschabis.“

Eine Schule für die Töchter der besseren Gesellschaft – das ist die Schmiede der indischen Gesellschaft von morgen. Genau diese jungen Frauen und ihre Familien brachte Schwester Nirmalini mit Indiens Elend in Kontakt. So ist das Dorf Nuh heute – vier Jahre später – nur eines der Sozialprojekte des Carmel Convents.
 
„Ich denke, für eine Schule ist es wichtig, mehr als eine Schule zu sein. Man kann neben der Ausbildung immer die Zeit finden, etwas für Menschen zu tun, die wirklich nichts in ihrem Leben haben. Ich denke, es war wichtig für die Kinder unserer Schule, empfänglich für solche Dinge zu werden, so dass sie in Zukunft – was auch immer sie dann tun und welche Position sie dann auch immer dann haben – die Gesellschaft verändern, sie verbessern.“

Schüler und Lehrer sammeln Geld und Sachspenden, organisieren Lebensmittel und besuchen das Dorf regelmäßig. Im Mittelpunkt der sozialen Arbeit stehen auch hier Mädchen und junge Frauen. Doch es war noch viel zu tun, bevor man mit ihrer Ausbildung beginnen konnte.

„Viele der Kinder waren total unterernährt. Deshalb war es wichtig, sich zunächst auf zwei Dinge zu konzentrieren. Zum einen auf das medizinische Wohlbefinden der Kinder, zum anderen auf ihre Ernährung. Wir haben Ärzte, einige Eltern der Schüler aus New Delhi, die freiwillig medizinische Dienste in dem Dorf leisten. Heute sind wir in der Lage, allen Dorfkindern ein Mittagessen zu garantieren. Und ich bin froh, sagen zu können, dass inzwischen 60 Kinder dort die Schule besuchen.“

Die indische Regierung habe im April 2010 ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das jedem Kind zwischen sechs und 14 Jahren eine obligatorische und kostenfreie Ausbildung garantieren soll, erzählt Schwester Nirmalini. Das sei positiv, denn es biete langfristig auch den Kindern von Nuh eine bessere Zukunft. Dass Nuh vom Slum zu einem Ort der Hoffnung werden konnte, ist allerdings primär Menschen wie Schwester Nirmalini zu verdanken. Auch das deutsche katholische Hilfswerk missio sowie die Erzdiözese Neu Delhi leisten Unterstützung, so zum Beispiel bei der Lehrerausbildung:

 
„Einige Leute wurden in der Erzdiözese von Delhi ausgebildet zu Koordinatoren. Diese bilden die Kinder in dem Dorf aus. Dabei handelt es sich vielleicht nicht um eine komplette Schulausbildung, aber immerhin. Die katholische Kirche von Neu Delhi organisiert also verschiedene Trainingsprogramme und wir unterstützen die Lehrer, indem wir einen Teil ihres Gehalts zahlen. Es ist interessant zu sehen, wie sich mit dem Bildungsprojekt das ganze Dorf verändert hat!“

 
Schwester Nirmalini ist nicht nur in New Dehli und Umgebung aktiv: Nach der Gewalt gegen Christen im Bundesstaat Orissa im Jahr 2008 engagierte sie sich für Flüchtlinge im Kandhamal Distrikt, und ermöglichte deren Kindern, die Schulbildung fortzusetzen und ihre Abschlüsse zu machen.

(rv/missio 06.10.2010 pr)









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