2010-10-12 12:06:59

Nahost-Synode im Vatikan: „Keine Angst vor offener Verkündigung!“


RealAudioMP3 Bischöfe aus dem ganzen Nahen Osten beraten derzeit im Vatikan über die Lage der Christen in ihrer Region. Dabei entfaltet sich im Beisein des Papstes ein Panorama der Schwierigkeiten, mit denen sich Christen in Ländern wie Irak oder Palästina konfrontiert sehen. Patentrezepte gegen den anhaltenden Exodus von Christen aus dem Ursprungsland ihres Glaubens haben die Teilnehmer der Sonder-Bischofssynode, die am Montag mit ihren Beratungen begann, noch nicht gefunden. In einer internen Diskussion wurde aber klar, dass viele Kirchenführer in Nahost das Recht fordern, auch in einem islamischen Umfeld das Evangelium zu verkünden. Stefan Kempis durfte für uns an der vertraulichen Debatte am Montag Abend teilnehmen.

Sie kam sehr schnell in Gang, die erste freie Debatte der Synodenväter im Beisein Benedikts, aber abseits der Kameras und Mikrofone. Gleich zu Beginn forderte ein Patriarch mehr Redezeit: In fünf Minuten könne er unmöglich die komplexe Lage in seiner Region schildern. Darauf konterte sofort der Synoden-Generalsekretär, Erzbischof Eterovic; sinngemäß meinte er: Zur Aussprache gibt es doch im zweiten Teil der Synode die kleineren Arbeitsgruppen, und wenn wir jeden zehn Minuten reden lassen würden, dann müßten wir die Synode noch um eine Woche verlängern. Doch das Machtwort misslang; bald darauf kam nämlich ein weiterer Bischof auf den Punkt zurück, dass die Redezeit nicht ausreiche.

Viele Christen in der Region sind „pessimistisch, was man von der Synode erwarten kann“, so ein Bischof. „Man bräuchte einen Mechanismus für eine Evaluation der Ergebnisse“, zum Beispiel eine „Mini-Synode“ in ein paar Jahren. Ausgiebig wurde über Gastarbeiter aus dem Nahen Osten in Ländern Europas, Asiens oder Amerikas gesprochen. Ein Bischof aus Asien erzählte, auch islamische Gastarbeiter bäten ihn oft um Hilfe vor Schikanen; ein Bischof aus Nahost schilderte, wie schwierig es ist, sich um christliche Gastarbeiter aus Asien zu kümmern, die in einem arabischen Land arbeiten. In diesem Zusammenhang beeindruckte der Hinweis eines Synodenvaters, dass die Katholiken in den Golfstaaten fast die Hälfte aller Katholiken im ganzen Nahen Osten ausmachen.

Wohl das beherrschende Thema der Debatte war ein Recht der Christen im Nahen Osten darauf, auch in islamischem Umfeld „das Evangelium von den Dächern zu verkünden“, wie ein Erzbischof formulierte. „Verkündigung ist nie Proseytismus“ – dieses Wort eines Kardinals fand einige Zustimmung bei anderen Synodenvätern. Die Debatte machte aber auch klar, dass es in einigen Ländern der Region durchaus auch jetzt schon Möglichkeiten gibt, zu missionieren. Ein Erzbischof beschwerte sich allerdings darüber, dass katholische Bewegungen sich oft nicht genug auf den Nahen Osten einlassen: „Hinterher wollen unsere Kinder nur noch wie die Fokolari singen und nicht mehr nach unserem östlichen Ritus!“

Starken Beifall bekam ein (melkitischer) Synodenteilnehmer, der die Einheit der Kirche trotz aller verschiedenen Riten betonte und vorschlug, der Papst solle doch alle paar Jahre mit Bischöfen der östlichen Kirchen zusammen die Messe feiern, um diese Einheit der Kirche auch nach aussen deutlich zu zeigen.

(rv 12.10.2010 sk)







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