Zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung rufen die beiden großen Kirchen in Deutschland
zu Dankbarkeit für das Erreichte und Engagement für soziale Gerechtigkeit und Frieden
auf. „In den gegenwärtigen Krisen-Zeiten in Gesellschaft, Kirche und Welt sollten
wir die Dankbarkeit und Freude über ein geeintes, starkes Deutschland als Herausforderung
begreifen, alles zu tun, um aus den echten, tiefen Wendekräften weiterhin Schwungkraft
zu beziehen“, sagte der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode am Sonntag in Bremen. Die
Wiedervereinigung sei ein beispielloser und friedlicher Vorgang, „in einer bis heute
anhaltenden Wende, in der Mauern fielen und die Mauern in den Köpfen und Herzen mehr
und mehr abgebaut werden“, so der katholische Bischof. Er äusserte sich beim ökumenischen
Gottesdienst zum Tag der deutschen Einheit im evangelischen Dom. Bode verwies darauf,
dass Fortschritte bei der Einheit aufgrund von Vorurteilen, der Dominanz von Quantität
vor Qualität, von Profit- und Machtgier gelegentlich gehemmt worden seien. Ebenso
sei die christliche Botschaft nach der Wende noch nicht „zu breiter Blüte gelangt“,
sagte der Bischof. Dennoch gebe es kleine, aber „durchaus hoffnungsvolle Pflänzchen“.
Aus der Verwurzelung in den christlichen Bodenschichten der Gesellschaft könnten neue
Früchte der Gerechtigkeit und des Friedens wachsen, erklärte Bode. Er betonte, dass
nicht im Namen der Neutralität des Staates eine negative Religionsfreiheit weiter
um sich greifen werde, „eine religiöse Geruch- und Geschmacklosigkeit“, sondern eine
positive, bereichernde Religionsfreiheit. „Also nicht Freiheit von Religion, sondern
Freiheit für Religion“, so Bode.