Christen im Orient: „Westen muss endlich aufwachen!“
Mehr Verantwortungsbewusstsein
in den Kirchen des Westens für die bedrohten Christen im Nahen Osten - das fordert
Hans Hollerweger von der „Initiative Christlicher Orient“. Not gebe es zwar an vielen
Orten der Welt, für die Christen im Nahen Osten gehe es aber jetzt um Sein oder Nichtsein.
Das meinte der pensionierte Theologieprofessor am Rand einer Salzburger Tagung, auf
der es um die bevorstehende Nahost-Sondersynode im Vatikan ging.
„Das Christentum
hat im Nahen Osten seine Wurzeln. Wenn diese Wurzeln absterben, wäre das ein großer
Verlust für die gesamte Weltkirche. Die Christen im Orient sind nach wie vor in allen
Etagen der katholischen Kirche unbekannt. Die westlichen Kirchen müssen endlich aufwachen
und ihre Verantwortung für die Glaubensgeschwister im Nahen Osten wahrnehmen.“
Die
Nahost-Sonderbischofssynode bietet vom 10. Oktober an einiges auf: Rund 230 Delegierte
der sieben katholischen Kirchen des Orients, der nicht-katholischen orthodoxen Kirchen
sowie auch einige Vertreter von Islam und Judentum werden in Rom zusammenkommen. Zentrale
Themen sind der Massenexodus der Christen aus dem Nahen Osten, der Einsatz für Religionsfreiheit
und Demokratie, der Dialog mit dem Islam und Judentum sowie eine bessere Zusammenarbeit
zwischen den Kirchen. Hollerweger bestätigt aus seinen vielen Erfahrungen im Nordirak,
dass eine intensivere Zusammenarbeit zumindest der katholischen Kirchen dringend notwendig
wäre. Es gebe auch Bemühungen und erste Ansätze. Er setze seine Hoffnung vor allem
auf die jüngere Generation von Bischöfen.
Besser als im Nordirak, wo die Situation
aufgrund des Krieges aber auch extrem schwierig ist, verhalte es sich beispielsweise
in Syrien, berichtete Hollerweger. Hier würden sich die Bischöfe aller Kirchen - katholisch,
orthodox und orientalisch - einmal pro Monat treffen um gemeinsame Anliegen zu besprechen.
Der Irak bildet im Moment einen Schwerpunkt der „Initiative Christlicher Orient“:
Im Nordirak unterstützt sie in der Diözese Zakho-Dohuk 16 christliche Flüchtlingsdörfer
- etwa durch den Ankauf von Schafen, die Ausstattung von Kindergärten oder die Instandsetzung
von Wasserleitungen. Besonders engagiert sich Hollerweger auch für die bedrängten
Christen im Tur Abdin in der Südosttürkei. Seit mehr als zwei Jahrzehnten leistet
er Hilfe zur Dorfentwicklung in diesem Gebiet. Aus dem Tur Abdin bringe er die Erfahrung
mit, so Hollerweger, dass zuerst die gebildeten und reicheren Menschen abwandern.
Die zurückbleibenden hätten dann weder Fähigkeiten noch Möglichkeiten, selbstständig
Perspektiven zu entwickeln.
Zu mehr Solidarität mit den orientalischen Christen
rief in Salzburg auch der Wiener Weihbischof Franz Scharl auf. „Das Gefühl, allein
und vergessen zu sein, ist das Schlimmste, was den Christen vor Ort passieren kann“,
so Scharl wörtlich, auf dessen Initiative 2008 das Netzwerk „Christen im Orient“ gegründet
wurde.