Zentralafrika: Rohstoffe - ein undichter Rettungsring aus der Armut?
Wo die Umweltbedingungen
Rohstoffe immer knapper werden lassen, werden Länder mit Rohstoffvorkommnissen immer
reicher. Für die arabischen Länder mit ihren Erdölquellen trifft das zu. In anderen
Teilen der Erde ist das aber anders. Geradezu paradox ist es, dass etwa Zentralafrika
zu den mineralreichsten Gebieten der Welt gehört. Und zugleich immer noch zu den ganz
armen. Mittlerweile gibt es einen richtigen „Run“ auf die Rohstoffe dort. Europäische
Konzerne kündigen an, ja wetteifern geradezu um Verträge mit zentralafrikanischen
Ländern zur Förderung von Rohstoffen wie etwa Uran. Nur die Bevölkerung profitiert
nicht. Vincent Neussl vom deutschen bischöflichen Hilfswerk Misereor meint, die anhaltende
Armut der Menschen liege daran,
„dass sie massiv und direkt von Gewalt und
Umweltverschmutzung und Vertreibung betroffen sind. Das heißt: Eine Armutssituation
verbessert sich nicht nur, sondern sie verschlechtert sich noch, wenn man unter ihrer
Förderung leidet. Das zweite Problem ist dann, das anscheinend dieser große Reichtum,
der relativ einfach ins Land kommt, Regierungseliten mehr dazu animiert zu schauen,
wie komme ich an das Geld, als zu schauen, wie setze ich das Geld sinnvoll in Armutsbekämpfung
um.“
Die Wege des Geldes sind undurchsichtig. Geld ins Land zu bekommen,
ist nicht das Problem, die Verteilung schon. Der normale Arbeiter in der zentralafrikanischen
Republik zum Beispiel verdient im Schnitt knapp über einen Euro am Tag. So ist die
Motivation groß, auf eigene Faust Ressourcen wie Diamanten oder Gold zu suchen und
als Schmuggelware zu verkaufen. Polizisten, um diese Vorgänge zu kontrollieren, leistet
der Staat sich nicht. Auch wenn er es vielleicht könnte, wenn man nach den Einkünften
geht.
„Wenn man Länder nimmt wie den Tschad im Zentralafrikanischen Bereich
- die haben 2003 die Erdölförderung begonnen, 2004 haben die 126 Millionen Euro eingenommen
aus dem Erdöl und 2010 3,5 Milliarden. Und sind im Human Development Index zwei Plätze
abgerutscht. Das heißt: Das ganze Geld, die ganze Energie der staatlichen Fürsorge
ist im Prinzip geflossen in Machterhalt, Bereicherung. Und die Hälfte der Bevölkerung
kann maximal einmal am Tag etwas essen.“
Dabei sind die Geschäftsbedingungen
nicht irgendwie illegaler Natur. Wenn internationale Konzerne mit Staaten arbeiten,
läuft das gewöhnlich auf Vertragsebene ab, sagt Vincent Neussl. Wegen der nicht
vorhandenen oder zumindest nicht ausreichenden staatlichen Kontrolle fließt viel Geld
aber doch nicht wirklich ins offizielle Staatsbudget ein. Und wenn es beim Staat ankommt,
gibt es wieder endlose Möglichkeiten, wie und wo der das ausgibt. „Wir
wissen zum Beispiel aus der Weltbankevaluierung, dass Schulen in Dörfern im Südtschad,
die aus Erdölkompensationsgeldern gebaut wurden, viermal teurer sind als Schulen in
der Region üblicherweise. Das heißt: 75 Prozent des Geldes werden über den Bau der
Schule korrupt abgeschöpft. Sehr oft haben die Familien der Präsidenten dann auch
die größte Baufirma und ähnliches... und führen die Aufträge durch, indem sie überteuert
bauen und schlechte Qualität hinstellen.“
Es ist ein langer Weg, bis die
Infrastrukturen eine kontrollierte Verteilung des Profits ermöglichen. Es sind Jahrzehnte,
die die Menschen in den einzelnen Regionen begleitet werden müssen, so Neissl. Die
Ausbildung zu geeigneten Arbeitskräften ist eine Sache. Das funtkionierende Staatssystem
eine andere. Aber das Potential lässt Grund zur Hoffnung. „Es gibt
auch viele Erfolgsstories, das darf man nicht vergessen. Also, wir arbeiten in der
Republik Kongo mit der Diözese Point Noir und die haben es mit ihrer Justizia et Pax
- Gruppe geschafft, einen großen italienischen Konzern an den Verhandlungstisch zu
zwingen, Entschädigungen für die Dörfer nachzuverhandeln, neue Konditionen auszuhandeln.
Das ist nur passiert, nachdem Druck aus Europa auf diesen italienischen Konzern gemacht
wurde. Aber es ist ein Beispiel: Es geht.“
Ob das funktionierende
Wirtschaftssystem nicht sogar die wichtigste Voraussetzung ist? Denn die Freude über
den Besitz von Rohstoffen kann schon dann wieder nachlassen, wenn diese einmal erschöpft
sind.