2010-09-30 12:56:29

Zentralafrika: Rohstoffe - ein undichter Rettungsring aus der Armut?


RealAudioMP3 Wo die Umweltbedingungen Rohstoffe immer knapper werden lassen, werden Länder mit Rohstoffvorkommnissen immer reicher. Für die arabischen Länder mit ihren Erdölquellen trifft das zu. In anderen Teilen der Erde ist das aber anders. Geradezu paradox ist es, dass etwa Zentralafrika zu den mineralreichsten Gebieten der Welt gehört. Und zugleich immer noch zu den ganz armen. Mittlerweile gibt es einen richtigen „Run“ auf die Rohstoffe dort. Europäische Konzerne kündigen an, ja wetteifern geradezu um Verträge mit zentralafrikanischen Ländern zur Förderung von Rohstoffen wie etwa Uran. Nur die Bevölkerung profitiert nicht. Vincent Neussl vom deutschen bischöflichen Hilfswerk Misereor meint, die anhaltende Armut der Menschen liege daran,

„dass sie massiv und direkt von Gewalt und Umweltverschmutzung und Vertreibung betroffen sind. Das heißt: Eine Armutssituation verbessert sich nicht nur, sondern sie verschlechtert sich noch, wenn man unter ihrer Förderung leidet. Das zweite Problem ist dann, das anscheinend dieser große Reichtum, der relativ einfach ins Land kommt, Regierungseliten mehr dazu animiert zu schauen, wie komme ich an das Geld, als zu schauen, wie setze ich das Geld sinnvoll in Armutsbekämpfung um.“

Die Wege des Geldes sind undurchsichtig. Geld ins Land zu bekommen, ist nicht das Problem, die Verteilung schon. Der normale Arbeiter in der zentralafrikanischen Republik zum Beispiel verdient im Schnitt knapp über einen Euro am Tag. So ist die Motivation groß, auf eigene Faust Ressourcen wie Diamanten oder Gold zu suchen und als Schmuggelware zu verkaufen. Polizisten, um diese Vorgänge zu kontrollieren, leistet der Staat sich nicht. Auch wenn er es vielleicht könnte, wenn man nach den Einkünften geht.

„Wenn man Länder nimmt wie den Tschad im Zentralafrikanischen Bereich - die haben 2003 die Erdölförderung begonnen, 2004 haben die 126 Millionen Euro eingenommen aus dem Erdöl und 2010 3,5 Milliarden. Und sind im Human Development Index zwei Plätze abgerutscht. Das heißt: Das ganze Geld, die ganze Energie der staatlichen Fürsorge ist im Prinzip geflossen in Machterhalt, Bereicherung. Und die Hälfte der Bevölkerung kann maximal einmal am Tag etwas essen.“

Dabei sind die Geschäftsbedingungen nicht irgendwie illegaler Natur. Wenn internationale Konzerne mit Staaten arbeiten, läuft das gewöhnlich auf Vertragsebene ab, sagt Vincent Neussl.
Wegen der nicht vorhandenen oder zumindest nicht ausreichenden staatlichen Kontrolle fließt viel Geld aber doch nicht wirklich ins offizielle Staatsbudget ein. Und wenn es beim Staat ankommt, gibt es wieder endlose Möglichkeiten, wie und wo der das ausgibt.
 
„Wir wissen zum Beispiel aus der Weltbankevaluierung, dass Schulen in Dörfern im Südtschad, die aus Erdölkompensationsgeldern gebaut wurden, viermal teurer sind als Schulen in der Region üblicherweise. Das heißt: 75 Prozent des Geldes werden über den Bau der Schule korrupt abgeschöpft. Sehr oft haben die Familien der Präsidenten dann auch die größte Baufirma und ähnliches... und führen die Aufträge durch, indem sie überteuert bauen und schlechte Qualität hinstellen.“

Es ist ein langer Weg, bis die Infrastrukturen eine kontrollierte Verteilung des Profits ermöglichen. Es sind Jahrzehnte, die die Menschen in den einzelnen Regionen begleitet werden müssen, so Neissl. Die Ausbildung zu geeigneten Arbeitskräften ist eine Sache. Das funtkionierende Staatssystem eine andere. Aber das Potential lässt Grund zur Hoffnung.
 
„Es gibt auch viele Erfolgsstories, das darf man nicht vergessen. Also, wir arbeiten in der Republik Kongo mit der Diözese Point Noir und die haben es mit ihrer Justizia et Pax - Gruppe geschafft, einen großen italienischen Konzern an den Verhandlungstisch zu zwingen, Entschädigungen für die Dörfer nachzuverhandeln, neue Konditionen auszuhandeln. Das ist nur passiert, nachdem Druck aus Europa auf diesen italienischen Konzern gemacht wurde. Aber es ist ein Beispiel: Es geht.“

 
Ob das funktionierende Wirtschaftssystem nicht sogar die wichtigste Voraussetzung ist? Denn die Freude über den Besitz von Rohstoffen kann schon dann wieder nachlassen, wenn diese einmal erschöpft sind.

(rv 30092010 jv)







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