Vatikan: Redefreiheit ist Basis für Religionsfreiheit
Meinungs- und Redefreiheit
unterminieren die Religionsfreiheit keineswegs, im Gegenteil, sie schützen sie. Davon
ist Erzbischof Silvano Maria Tomasi überzeugt. Der Beobachter des Heiligen Stuhles
bei den Vereinten Nationen in Genf sprach am Mittwochabend vor diesem Gremium über
Religionsfreiheit und antireligiöse Regungen. Uns sagte Tomasi:
„Wenn wir
nicht die Freiheit haben, über religiöse Fragen zu diskutieren und die Meinungen anderer
auf diesem Gebiet gelassen anzusehen, dann sind wir auf dem direkten Weg zu einem
unterdrückerischen Staatswesen und zu einer Politik, die die Menschenrechte nicht
respektiert. Wird aber eine Kritik respektvoll geäußert, dann kann sie etwas Gutes
sein, eine Grundlage für die menschliche Gemeinschaft.“
Religionsfreiheit
wird zum heißen Thema in der internationalen Debatte, merkte Erzbischof Tomasi an.
Er warnte vor Extremismen wie der jüngst geplanten, am Ende abgesagten Koranverbrennung
in den USA und den Menschenrechtsverletzungen an christlichen Bürgern in Ländern mit
muslimischer Mehrheit. Im Allgemeinen drohe der Religionsfreiheit heutzutage aus zwei
Ecken Gefahr, so der Diplomat des Heiligen Stuhles.
„Zum einen die Instrumentalisierung
von Religion. Also das Benutzen von Bildern, Symbolen, Themen, die aus einem religiösen
Kontext stammen, um mit ihnen Ziele zu erlangen, die nicht religiös sind, sondern
wo es etwa um Machtergreifung geht, um politische Ziele, um die Manipulation der öffentlichen
Meinung undsoweiter. Zum anderen gibt es die „elegante“ Ablehnung der Religion aus
dem Kontext des Wohlstands einiger Länder heraus. Dort darf der Mensch auf alle möglichen
Weisen interpretiert werden, außer in seiner spirituellen Dimension. Hier besteht
die Gefahr, dass alles an den Rand gedrängt wird, was über wirtschaftliche und unmittelbare
materielle Interessen hinausgeht.“
Dem Menschen zu ermöglichen, sich in
allen seinen Dimensionen frei zu entwickeln, inklusive der spirituellen, ist für Tomasi
eine zentrale Aufgabe auch der westlichen Gesellschaften. Ein Anliegen, das der Heilige
Stuhl über seine Diplomaten in den entsprechenden Ländern immer wieder in Erinnerung
ruft.
„Wir müssen darauf hinwirken, dass in den Strukturen der Gesellschaft,
das heißt in den Gesetzbüchern, im Rechtssystem, im Bildungswesen jedes Landes, im
politischen Kontext der Zivilgesellschaft, die Religion kein Vorwand für Diskriminierungen
wird.“ (rv 30.09.2010 gs)