Brasilien: Alternativer Nobelpreis für Bischof Kräutler
Für seinen jahrzehntelangen
Kampf für die Rechte der Armen in Brasilien erhält Bischof Erwin Kräutler den „Alternativen
Nobelpreis“. Die "Right Livelihood Award Foundation", die diese Auszeichnung alljährlich
vergibt, hat ihre Entscheidung drei Tage vor den Präsidentschaftswahlen in Brasilien
getroffen. Erwin Kräutler ist als "Amazonas-Bischof" bekannt geworden; er leitet die
Prälatur Xingu, die größte Diözese Brasiliens. Verfolgung, Festnahmen, Gewalt, gar
die Ermordung enger Mitarbeiter gehörten zu seinem Alltag; seit Jahren steht Kräutler
unter Personenschutz, weil er bei seinem Einsatz für Arme und den Amazonas-Urwald
die Interessen der Großgrundbesitzer durchkreuzt. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte
Bischof Kräutler vor kurzem: „Unfrieden und Terror verunsichern
die Welt. Die Verwüstung der Mitwelt schreitet voran. Soziale Ungleichheit vergrößert
die Kluft zwischen Menschen und Nationen. Es ist die Stunde für uns alle, ein klares
Bekenntnis für die Gewaltlosigkeit, Versöhnung und Frieden abzugeben.“
Sein
eigenes Bekenntnis war immer ein aktives. Als Präsident des bischöflichen Indianer-Missionsrats
CIMI setzte Kräutler 1987 einen Meilenstein: Er erreichte, dass den Indigenen in der
neuen brasilianischen Verfassung explizit Rechte zugesprochen werden: Das Recht auf
ihr angestammtes Gebiet, ihre Sprache, ihre kulturellen Ausdrucksformen und die Naturreichtümer
ihres Landes. Auch die internationale Politik nimmt Kräutler in die Pflicht.
„Die
Generalversammlung der Vereinten Nationen hat 1970 bekundet, dass die reichen Länder
0,7 Prozent ihres Bruttonationalproduktes für Entwicklungsförderung bereitstellen
werden. Heute haben laut OECD-Statistik nur Norwegen, Luxemburg, Dänemark und Schweden
dieses Ziel erreicht.“
Aktuell versucht Kräutler, die Umsiedlung von
30.000 Menschen wegen des geplanten Belo Monte-Staudamms am Amazonas zu verhindern.
Die brasilianische Regierung bezeichnet dieses Projekt als ökologisch vorbildlich
– Kräutler kontert, dass die Politik sich offenbar für ihre eigenen Wirtschaftsinteressen
mehr verantwortlich fühlt als für die Bedürftigen des Landes. Für den Bischof gelten
da andere Regeln.
„Gerechtigkeit bedeutet in der Bibel mehr als nur angemessene
Verteilung der Güter. Gerechtigkeit erschöpft sich nicht in ihrer ausgleichenden und
austeilenden Dimension. Gerechtigkeit im biblischen Sinne heißt: Den Armen helfen.
Sich für die Benachteiligten einsetzen. Die Wahrheit gegen die Lüge verteidigen. Und
mit Ehrlichkeit gegen die Korruption auftreten.“
Der „Alternativer Nobelpreis“,
genannte Livelihood Award, wurde 1980 von Jakob von Uexküll ins Leben gerufen. Ausgezeichnet
wird damit der selbstlose Einsatz von meist öffentlich noch unbekannten Personen.
In diesem Jahr findet die Verleihung am 6. Dezember im schwedischen Reichstag statt.
(rv/diverse 30.09.2010 jv)