Nahost-Synode: Hoffnung auf mehr Raum für Christen
Einen neuen Aufbruch
für das Christentum im Nahen Osten erhofft sich der ägyptische Islamwissenschaftler
Pater Samir Khalil Samir von der anstehenden Nahost-Synode in Rom. Für die Christen
im Nahen Osten gehe es um „Sein oder Nichtsein“, sagte der Jesuit bei einer Tagung
in Salzburg.
„Werden in dieser Gegend in fünfzig oder hundert Jahren noch
Christen da sein? Die Frage ist nicht hypothetisch, sondern eine Realität - aus verschiedenen
Gründen: demografischen, politischen, kulturellen Gründen. Wir sehen, dass der Prozentsatz
der Christen überall im Nahen Osten geringer wird. In der Türkei beispielsweise gab
es zu Beginn des 20. Jahrhunderts rund zwanzig Prozent Christen – heute sind es nur
noch 0,2 Prozent. Das ist hundertmal weniger! Dieselbe Situation sehen wir in Palästina
und im Irak durch den Krieg.“
Seit Mitte der siebziger Jahre beobachtet
Pater Samir eine deutliche Radikalisierung des Islam. Deshalb seien Christen vielfältigen
Diskriminierungen bis hin zu Verfolgungen ausgesetzt. Vor allem die Jugend habe keinerlei
Perspektiven im eigenen Land. Da die Christen in der Regel ein höheres Bildungsniveau
als die Muslime hätten und vielfach auch Verwandte im Westen, sei die Auswanderung
ein logischer Schritt. Der Salzburger Ostkirchenexperte Dietmar Winkler, der als Experte
an der Synode in Rom teilnehmen wird, nannte bei derselben Tagung ein drastisches
Beispiel:
„Kein Frieden, keine wirtschaftlichen Möglichkeiten, keine Berufsaussichten
und zusätzlich fundamentalistischer Terror. Ein deprimierendes Beispiel habe ich bei
einer Exkursion im Nordirak gesehen, in christlichen Dörfern bei Mossul. Dort bringt
täglich ein Buskonvoi unter militärischer Bewachung Jugendliche zum Studieren nach
Mossul. Anfang Mai wurde ein Konvoi von Selbstmordattentätern attackiert; drei Jugendliche
starben, 120 wurden verletzt. Welche Zukunft hat ein Jugendlicher mit Universitätsabschluss,
der unter militärischer Bewachung studieren muss und dann ins Dorf zurückkehrt und
seine Bildung nicht ausleben kann? Wenn das nicht gelöst ist, hat das keine Zukunft.
Der Jugendliche ist gebildet und wird auswandern.“
Einen Schlüssel für
die Zukunft der Christen im Nahen Osten sehen beide Fachleute in der Anhebung des
allgemeinen Bildungsniveaus – nicht nur für die Christen, aber ausgehend von ihnen.
Nach Pater Samir gilt es, gemeinsam mit Muslimen Bildungs- und auch Gesundheitsprogramme
für die breite Masse umzusetzen. „Wir brauchen Schulen und Krankenhäuser, nicht nur
für uns Christen, sondern für alle Menschen“, so der Pater.
Auf Einladung
von Papst Benedikt XVI. werden in Rom von 10. bis 24. Oktober Delegierte der sieben
katholischen Kirchen des Orients zur Synode zusammenkommen. Darüber hinaus nehmen
Beobachter der nicht-katholischen Kirchen des Nahen Ostens sowie auch einige Vertreter
von Islam und Judentum an den Beratungen teil.