Die Würfel sind gefallen:
Bleibt Hugo Chavez in Venezuela der starke politische Mann oder obsiegt die Linie
des Erzbischofs von Caracas? In wenigen Stunden werden die offiziellen Resultate bekannt
gegeben. Kurz vor der Wahl meldete sich Kardinal Jorge Urosa nochmals zu Wort. Er
rief seine Landsleute dringend auf, sich an der Parlamentswahl in dem südamerikanischen
Land zu beteiligen. Die letzten Wahlen vor fünf Jahren waren von den Chavez-Gegnern
boykottiert worden. Es sei jetzt aber wichtig, dass die Nationalversammlung ganz Venezuela
und nicht nur einen Teil repräsentiere, mahnte Kardinal Urosa gegenüber dem Sender
„Union Radio“. Wer seine Stimme nicht abgebe, der stärke ein System, das kontrolliere,
dominiere und ärmer mache.
Urosa kritisierte deutlich das System Chavez: „Die
Armut lässt sich nicht mit dem Sozialismus des 21. Jahrhunderts lösen.“ Der Erzbischof
erinnerte die Bürger daran, dass die Wahl geheim sei und niemand Angst haben müsse.
„Nur Gott weiß, für wen wir gestimmt haben.“ Er kritisierte zugleich den Sozialismus.
Am Beispiel Kubas unter Fidel Castro sei zu sehen, wie ein Volk einem totalitären
System unterworfen werde. „Wir wollen kein kommunistisches System, weil es gegen die
Verfassung und gegen die Rechte ist, die das Leben des Menschen stärken.“
Hintergrund In
Venezuela durften an diesem Sonn rund 18 Millionen Wahlberechtigte ihre Stimmen abgeben.
Es geht um ein neues Parlament. Der Urnengang gilt als Stimmungstest für die Präsidentschaftswahl
2012, bei der der seit elf Jahren amtierende linksgerichtete Staatschef Hugo Chávez
erneut antreten will. Nach ihrem Boykott vor fünf Jahren tritt die einst zersplitterte
Opposition nun vereint und erstarkt zur Abstimmung an. Umfragen sagten deshalb ein
Kopf-an-Kopf-Rennen mit der sozialistischen Präsidentenpartei PSUV voraus. Chávez
indes versucht seiner Linken in der Nationalversammlung eine komfortable Zwei-Drittel-Mehrheit
zu sichern, um seine Idee vom „Sozialismus im 21. Jahrhundert“ voranzutreiben.
Vor
Beginn der Wahl schlossen die Behörden die Grenze zum benachbarten Kolumbien. Um mögliche
„Probleme“ während des Urnengangs zu vermeiden, bleibe die Landes- und Seegrenze zu
Kolumbien für 24 Stunden geschlossen, sagte ein Armeevertreter im staatlichen Fernsehen.
Die Grenzschließung hat keine politischen Gründe, sondern ist Teil des Sicherheitskonzepts
für die Wahl. Venezuela und Kolumbien teilen eine 2000 Kilometer lange Grenze.