Mit einem UNO-Sondergipfel
in New York versucht die internationale Gemeinschaft, den Sudan zum Einhalten seines
Friedenssabkommens von 2005 zu bewegen. Die Volksabstimmung im Januar, in der es um
eine mögliche Unabhängigkeit des Südsudans geht, müsse pünktlich stattfinden und friedlich
verlaufen: Das forderte US-Präsident Barack Obama auf dem Gipfel. Viele Beobachter
sprechen davon, dass Politiker aus dem Norden des Sudan die Vorbereitungen des Referendums
absichtlich bremsen und verschleppen. Es gibt auch Besorgnisse, dass ein Votum für
die Unabhängigkeit des Südens böse Auswirkungen für die anderthalb Millionen Flüchtlinge
aus dem Süden hat, die sich im Nordsudan aufhalten. Cesare Mazzolari ist Bischof von
Rumbek im Südsudan – er sagt:
„Ziel dieser Abstimmung ist es, der Unterdrückung
ein Ende zu setzen, den Zusammenstößen und militärischen Konflikten. Wir glauben,
dass durch eine Trennung dieser zwei Kulturen, die untereinander völlig entgegengesetzt
sind, mehr Frieden entsteht.“
Da geht Bischof Mazzolari aber weiter als
seine Amtsbrüder aus dem Südsudan: Die halten sich über ihre Haltung zu einer möglichen
Unabhängigkeit ihres Landesteiles bedeckt. Frage an Mazzolari: Ist die Kirche denn
heimlich für die Unabhängigkeit?
„Wir konzentrieren uns auf den Wunsch,
dass unser Volk in Frieden lebt – und Frieden kann es bei beiden Positionen geben.
Wir sind im Zweifel für den Frieden. Allerdings sagt uns unser direkter Kontakt mit
den Leuten, dass die Bevölkerung im Süden auf die Unabhängigkeit hofft... und wir
versuchen, der Stimme des Volkes Gehör zu verschaffen und dabei auf eine Atmosphäre
des Friedens zu achten.“
Der Südsudan wird mehrheitlich von Christen sowie
von Anhängern von Naturreligionen bewohnt, während der Nordsudan mehrheitlich islamisch
ist. Falls nun der Süden unabhängig wird – was wird sich dann unmittelbar ändern? „Beide
Seiten werden wohl strenger werden, was den Aufbau staatlicher Strukturen betrifft:
Das bedeutet vermutlich höhere Steuern, höhere Kosten. Im Norden wird unsere Kirche
sicher, was die sozial-religiösen Auswirkungen betrifft, auf eine harte Probe gestellt
werden: Im Süden hingegen rechnen wir mit mehr Religionsfreiheit und Respekt vor dem
Glauben. Im Süden wird alles viel ruhiger werden, und der sozial-religiöse Weg wird
sicher einfacher.“
Dem aus Italien stammenden Bischof im Südsudan ist klar,
dass die afrikanischen Nachbarn des Sudan das bevorstehende Referendum mit einem gewissen
Misstrauen sehen. Er hofft dennoch, dass der Süden schon dazu imstande sein wird,
auf eigenen Füßen zu stehen. „Unsere Führungsschicht ist eher alt und hat eine
militärische Tendenz – aber wir haben einige vielversprechende junge Politiker, die
besser auf Diplomatie und Politik vorbereitet sind. Wir setzen darauf, dass wir mit
ihnen in der Lage sein werden, auch auf internationalem Niveau besser dazustehen.“ (rv
25.10.2010 sk)