Unter Dudelsackklängen und reger Anteilnahme zahlreicher Gläubiger und Neugieriger
gelangte Benedikt durch das Zentrum Edinburghs, das zum UNO-Weltkulturerbe zählt,
in den königlichen Palast. Die Queen in einem taubengrauen Kostüm mit Hut nahm das
Kirchenoberhaupt im Morning Room in Empfang, während gleichzeitig in einem anderen
Saal Kardinalstaatsskretär Tarcisio Bertone den britischen Vizepremier Nick Clegg
traf.
In seiner Ansprache vor der Queen und anderen politischen und kirchlichen
Autoritäten, darunter dem anglikanischen Primas Erzbischof Rowan Williams, würdigte
der Papst den damaligen Widerstand Großbritanniens gegen die Nazidiktatur. Er wandte
sich gegen den heutigen „aggressiven Säkularismus“ und forderte die britischen Medien
dazu auf, respektvoll mit der Menschenwürde umzugehen. Hier die Kernsätze der ersten
Rede Papst Benedikts auf britischem Boden:
„Eure Majestät! Ich danke Ihnen
für Ihre liebenswürdige Einladung zu einem offiziellen Besuch in das Vereinigte Königreich...
Tiefe christliche Wurzeln sind immer noch in jeder Schicht britischen Lebens vorhanden...
Der Glaube wird eine starke Kraft zum Guten in Ihrem Königreich bleiben - zum Nutzen
für Christen ebenso wie für Nichtchristen. Selbst aus unserer
Zeit können wir uns in Erinnerung rufen, wie Großbritannien und seine Verantwortlichen
der Nazityrannei widerstanden haben, die Gott aus der Gesellschaft entfernen wollte
und vielen das allgemeine Menschsein absprachen, besonders den Juden, die als „lebensunwert“
betrachtet wurden. Ebenso möchte ich an die Haltung jenes Regimes gegenüber christlichen
Pastoren und Ordensleuten erinnern, welche die Wahrheit in Liebe sagten, sich den
Nazis entgegenstellten und diesen Widerstand mit ihrem Leben bezahlten. Wenn
wir über die nüchternen Lektionen des atheistischen Extremismus des 20. Jahrhunderts
nachdenken, wollen wir nicht vergessen, wie der Ausschluß von Gott, Religion und Tugend
aus dem öffentlichen Leben uns letztlich zu einer verkürzten Vision des Menschen und
der Gesellschaft führt und damit zu einer herabwürdigenden Sicht des Menschen und
seiner Bestimmung. Die Regierung Eurer Majestät und die Regierung
Irlands haben ... dazu beigetragen, eine Friedensresolution für den Nordirland-Konflikt
auf den Weg zu bringen. Ich ermuntere alle Beteiligten, auf dem ... Weg zum Frieden
weiter mutig voranzuschreiten. Das Vereinigte Königreich bleibt
politisch und wirtschaftlich eine Schlüsselfigur auf der internationalen Bühne...
Entsprechend haben auch die britischen Medien, deren Meinungen ein so breites Publikum
erreichen, eine schwerwiegendere Verantwortung als die meisten anderen Medien und
eine größere Gelegenheit, ... die Ausbreitung authentischer Menschenrechte zu fördern. Heute
strebt das Vereinigte Königreich danach, eine moderne und multikulturelle Gesellschaft
zu sein. Bei diesem interessanten Unternehmen möge es stets seinen Respekt vor jenen
traditionellen Werten und kulturellen Ausdrucksformen bewahren, die von aggressiveren
Formen des Säkularismus nicht länger für wichtig erachtet oder nicht einmal mehr toleriert
werden.” Religion war immer zentral für die Identität Großbritanniens, sagte
die Queen, und sie könne eine Rolle spielen beim Zusammenleben in einer multikulturellen
Gesellschaft. In Großbritannien sei Kultfreiheit an der Basis der Demokratie. (rv
16.09.2010 gs/sk)