Von Katharina Sedlak,
Köln Liebe Hörerinnen und Hörer, das Evangelium, das wir gerade gehört haben,
löst in mir eine Frage aus: Soll ich alles, was mir wichtig ist, gering achten? Nicht
nur Dinge. Vielmehr fordert Jesus hier, die Menschen, die für uns besonders wichtig
sind – unsere familiären Bande – und uns selbst gering zu achten. In mir regt sich
da sofort Widerspruch. Schließlich lesen wir an anderer Stelle im Lukasevangelium,
dass wir uns den Armen und Schwachen, dem anderen Menschen, zuwenden sollen. Unseren
Nächsten lieben sollen wie uns selbst. Wie kann Jesus sich so widersprechen? Auch
beim zweiten Lesen des Evangeliums blieb mein Eindruck: ich muss alles verleugnen,
mich los sagen; verlassen, was ich liebe. Wirklich glauben wollte ich das nicht. Beim
nochmaligen genauen Lesen fiel mir auf: da steht „gering achten“. Das scheint etwas
ganz anderes zu sein. Also habe ich den griechischen Text herausgesucht und entdeckt:
„miseo – hassen“ steht da. Das ist ja noch viel härter als unsere Übersetzung. Ich
war ratlos, nicht weniger durch den Folgesatz: „Wer nicht sein Kreuz trägt und mir
nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein“. Dann begriff ich: die Nachfolge Jesu
ist eine radikale Herausforderung: Alles, was mir lieb ist – wirklich alles – soll
in den Hintergrund treten. Das Wichtigste in meinem Leben muss sein, Jesus Christus
nachzufolgen. Mein Glaube und mein durch Christus geprägtes Leben müssen sich daran
messen lassen, ob ich aus meiner Überzeugung und meinem Christsein heraus handle.
Egal um wen oder was es geht, zuerst Gott. Daran muss sich jede Entscheidung messen
lassen. Manchmal bedeutet das, Dinge und Menschen gering zu achten, abzulehnen oder
gar zu hassen. Für mich ist das die Herausforderung der Woche: mit diesem Kreuz
– gering zu achten, was mir wichtig scheint – Jesus nachzufolgen. Und für Sie? (rv
04.09.2010 ord)