Um den geplanten Bau
eines islamischen Kulturzentrums in der Nähe des ehemaligen World Trade Centers in
New York wird weiterhin rege gestritten. Gerade die Errichtung einer Moschee nahe
dem Terrorschauplatz vom 11. September 2001 spaltet die US-Amerikaner in zwei Parteien.
Mit Präsident Obama stehen viele für den Moschee-Bau als Zeichen des Dialogs zwischen
Christen und Muslimen. Andere sehen darin eine Provokation angesichts der vielen Toten
durch islamistische Extremisten. In der ganzen Debatte fühlen sich wieder andere vernachlässigt.
Über einen Wiederaufbau der bei den Anschlägen zerstörten griechisch-orthodoxen St.
Nikolauskirche werde so gut wie gar nicht gesprochen, beklagen jetzt Vertreter der
griechisch-orthodoxen Kirche. Dabei gibt es nicht nur Kontroversen. Der Dialog zwischen
der katholischen Kirche und muslimischen Verbänden habe seit den Anschlägen eher zugenommen.
Das sagt Ferdinand Oertel, katholischer Journalist und USA-Experte gegenüber Radio
Vatikan.
„Nach dem Terrorangriff sind die muslimischen Gruppierungen in
Amerika, es gibt glaube ich vier verteilt über das ganze Land, dazu übergegangen,
sich selbst einmal vorzustellen, in den Vereinigten Staaten als Muslime friedliche
Bürger sein zu wollen. Das ist sehr schwer gewesen, hat aber vor allem auch im Bereich
der Kirchen, besonders im Verhältnis der katholischen Kirche und der Muslime, zu engen
Kontakten geführt.“ Erst mit den Terroranschlägen seien die Muslime überhaupt
in das amerikanische Bewusstsein gerückt, so Oertel. Von 300 Millionen Einwohnern
in den USA seien maximal fünf Prozent Muslime. 40 Prozent der Amerikaner haben laut
einer Studie Vorbehalte gegen die Bürger aus arabischen Herkunftsländern. Ein Unterschied
zwischen den USA und Europa:
„Während viele Europäer das Vordringen des
Islam als bedrohlich für die christliche Kultur ansehen, fühlen viele Amerikaner durch
die Moslems ihre Demokratie bedroht. Unterschiedlich ist auch die Frage der Integration
der Muslime. Fast alle Einwanderer in Amerika wollen dort Amerikaner werden, während
Muslime in europäischen Ländern eigentlich ihre Religionskultur und ihr Leben bis
hin zur eigenen Gesetzgebung beibehalten wollen.“ Dass in Amerika eine gute
Basis für ein freundschaftliches Zusammenleben von Christen und Muslimen gegeben ist,
erklärt Ferdinand Oertel mit der Geschichte der Immigration. Im 18. und 19. Jahrhundert
hätten Katholiken einen schweren Stand in den Vereinigten Staaten gehabt. Gegner wie
der Ku-Klux-Klan oder die Liga gegen den Unamerikanismus haben Katholiken damals unterdrückt
und Kirchen zerstört.
„Bedrohlich waren vor allem Katholiken – die katholischen
Iren, Italiener – weil den Katholiken unterstellt wurde, sie können keine guten Demokraten
sein. Sie können nicht unabhängig vom Papst sein, sie wären also Papstanhänger. Das
ging sogar so weit, dass in Kämpfen um die Präsidentschaft den Katholiken vorgeworfen
wurde, sie wollten die amerikanische Demokratie untergraben und eine Art päpstliches
Regime einführen.“ Religionsfreiheit als Bedingung der Demokratie anerkennen
– das ist die Devise von Ferdinand Oertel.