Am kommenden Samstag
wird in Australien ein neues Parlament gewählt, traditionell auch ein Termin, zu dem
sich die Bischöfe des Landes zu Wort melden. Was haben sie den australischen Wählern
zu sagen? Das erklärt im Gespräch mit uns der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof
Philip Wilson von Adelaide:
„Wir haben zuerst festgestellt, dass katholische
Bischöfe den Menschen nicht vorschreiben, wen sie zu wählen haben. Aber während des
Wahlkampfes schauen viele auf die Kirche auf der Suche nach einem Wegweiser bei wichtigen
Themen. Wir ermutigen die Menschen in Australien ernsthaft, genau darüber nachzudenken,
wem sie ihre Stimme geben.“
Die Bischöfe nennen eine ganze Reihe von Punkten,
die Australiens Katholiken für ihre Wahlentscheidung prüfen sollten. Da gehe es etwa
um Fragen der Gesundheits- und Umweltpolitik, der sozialen Gerechtigkeit, der Flüchtlinge
und der Erziehung. Eines dieser vielen Anliegen findet Wilson besonders wichtig:
„Einer
der Punkte, den viele Menschen in den letzten Tagen so kurz vor den Wahlen angemerkt
haben, ist das Schweigen der Politiker in den Debatten und im Wahlkampf über die Ureinwohner
Australiens. Wir Bischöfe haben in unserem Statement betont, dass solange die am meisten
benachteiligten unserer Ureinwohner aus dem Dritte-Welt-Lebensbedingungen herauskommen,
in denen sie im Augenblick leben müssen, so lange sollten wir Australier beschämt
sein. Wir müssen zusammenarbeiten, um die Lebensbedingungen dieser Menschen zu verbessern.“ Nach
jüngsten Umfragen könnte die konservative Opposition unter Tony Abbott am Samstag
genügend Sitze erringen, um die sozialdemokratische Premierministerin Julia Gillard
aus dem Amt zu drängen. Abbott tritt als Katholik auf, während die Premierministerin
sich als Atheistin bezeichnet. Die umstrittensten Wahlkampfthemen waren Flüchtlingspolitik
und generell Einwanderung. Abbott tritt dafür ein, die in Australien landenden Bootsflüchtlinge,
meist aus Afghanistan und Sri Lanka, zurückzuschicken. Gillard will sie unter Aufsicht
der UNO in einem Lager in Osttimor unterbringen, das nördlich von Australien liegt.
Dieser Vorschlag war mit dem wirtschaftlich armen Nachbarland kaum abgesprochen und
wurde von dessen Parlament bereits abgelehnt. Generell wünschen Australiens Wähler
keinen großen Bevölkerungszuwachs, obwohl ihr Land zu den am dünnsten besiedelten
Ländern der Welt gehört und seit Jahren ein umfassendes Einwanderungsprogramm betreibt.
In Australien herrscht Wahlpflicht. 14 Millionen Menschen sind am Samstag zum
Urnengang aufgerufen. Dabei kommt den christlichen Stimmen ein besonderes Gewicht
zu, glaubt Bischof Wilson.
„Ich denke, dass die Stimmen der Christen und
der Katholiken wichtig sind, zum einen weil ein bedeutender Teil der Bevölkerung,
nämlich 27 Prozent, Katholiken sind. Es ist wichtig, dass sie und die anderen Christen
genau überlegen, wem sie ihre Stimme geben wollen. Und dann natürlich auch intelligent
zu wählen, bestimmt nicht nur durch normale politische Überlegungen, sondern auch
durch die Vision ihres Glaubens, die uns sagt, wie wir in dieser Welt leben wollen.“