Schweiz: Huonder kritisiert Kampagnen um Bischofsernennung
„Praktisch alles“, was in den letzten Jahren in seinem Bistum mit einer Bischofsernennung
zu tun hatte, sei „unter Missachtung der Vertraulichkeit den Medien zugespielt worden“.
Mit diesen scharfen Worten reagiert der Bischof von Chur, Vitus Huonder, auf Kritik
an seinem Generalvikar Martin Grichting, der neben Marian Eleganti als zweiter Weihbischof
im Gespräch ist. Zur Frage, wann und wie über einen zweiten Weihbischof entschieden
wird, äusserte er sich nicht. In einem dreiseitigen Brief mit Datum vom 13. August
wendet sich Huonder an alle Mitwirkenden des Bistums. Er kritisiert darin die seiner
Ansicht nach systematischen Indiskretionen rund um Bischofsernennungen im Bistum Chur.
Es gebe in der Diözese „offenbar Personen, denen der Ruf anderer weniger wert ist
als die Erreichung eigener kirchenpolitischer Ziele durch öffentliche Kampagnen“,
heisst es in dem Schreiben wörtlich. Hintergrund ist ein Communiqué vom 20. Juli,
in dem die Vereinigung der Kantonalkirchen des Bistums Chur ihre Sorge um die mögliche
Ernennung von Generalvikar Martin Grichting zum zweiten Weihbischof geäussert hatte.
Grichting wird von den staatskirchenrechtlichen Gremien als Gegner des in der Schweiz
geltenden dualen Kirchensystems und als „polarisierende Person“ kritisiert. Huonder,
der sich in seinem Schreiben schützend hinter seinen Generalvikar stellt, erinnert
an eine Erklärung vom Februar 2008. Darin habe er nach dem Rücktritt der beiden vormaligen
Weihbischöfe den Wunsch nach zwei neuen Weihbischöfen geäussert. Wie schon im Vorfeld
der Ernennung von Marian Eleganti im vergangenen Dezember sei es auch diesmal zu gezielten
Indiskretionen und einer Negativkampagne gekommen. Huonder betont, dass das Vorgehen
bei der Ernennung von Weihbischöfen weltkirchlich geregelt ist und dem so genannten
päpstlichen Geheimnis unterliegt, also strikte Vertraulichkeit verlangt. Grichting
beschreibt der Bischof in seinem Brief als „teamfähig und kompetent“. Auch engagiere
er sich seit Jahren in staatskirchenrechtlichen Institutionen; derzeit sei er etwa
als Vertreter des Bischöflichen Ordinariats Mitglied des Parlaments der Katholischen
Landeskirche von Graubünden. Damit, so Huonder, habe Grichting „den Tatbeweis erbracht,
dass er die staatskirchenrechtlichen Organisationen in ihrer derzeitigen Rolle respektiert
und bereit ist, mit ihnen zusammenzuarbeiten“. Huonder dankt in seinem Brief allen
Gläubigen, die „in der guten Absicht, der Kirche zu dienen, in den staatskirchenrechtlichen
Institutionen mitarbeiten“. Scharfe Kritik äussert er hingegen an den „kaum verhüllten
Drohungen“ der staatskirchlichen Organisationen im Fall „bestimmter Personalentscheide“.
Der Churer Bischof sieht sich von den staatskirchlichen Organisationen teilweise an
der Amtsausübung gehindert. Diese instrumentalisierten die Medien und versuchten „politische
Instanzen in Bund und Kantonen für ihre Zwecke einzuspannen“. Ein solches Vorgehen
bewirke „oft gerade das Gegenteil und läuft auf eine Druckausübung hinaus“. Huonder
äussert sich zudem besorgt, dass es durch ein derartiges Vorgehen zu Unfrieden und
Spaltungen im Bistum kommen könne. Beim staatskirchenrechtlichen System, heisst es
in der begleitenden Mitteilung zum Brief, handle es sich nicht „um überliefertes Glaubensgut
der Kirche, sondern um ein für die Situation in der Schweiz konzipiertes Modell, das
zeitgebunden ist und daher offen bleiben muss für Veränderungen“. (kipa 15.08.2010
sk)