Die Brüsseler Staatsanwaltschaft ist offenbar der Ansicht, dass die Razzia bei einem
Treffen der belgischen Bischofskonferenz „irregulär“ war. Die Großaktion, bei der
Unterlagen zum kirchlichen Umgang mit Missbrauchsfällen beschlagnahmt wurden, „gingen
zu weit und waren nicht vom Durchsuchungsbefehl des Untersuchungsrichters gedeckt“.
Das sagte der Anwalt des Erzbistums Brüssel, Fernand Keuleneer, am Freitag auf einer
Pressekonferenz. Die Staatswanwaltschaft selbst und der zuständige Richter wollten
sich nicht dazu äußern.
Es war eine Razzia, gegen die sogar der Vatikan protestierte:
Am 24. Juni suchten Ermittler u.a. die Bischofsresidenz von Malines heim, wo gerade
die belgischen Bischöfe tagten. Den Oberhirten wurden die Handys abgenommen, mehrere
Stunden lang wurden sie de fakto im Tagungsraum eingeschlossen; Kardinal Godfried
Danneels wurde verhört, Bischofsgräber auf der Suche nach versteckten Papieren aufgebohrt.
Die Ermittler nahmen die Unterlagen einer Kommission zu Missbrauchsfällen mit, woraufhin
diese Kommission geschlossen zurücktrat: Schließlich hatten sich ihr auch viele Missbrauchsopfer
anvertraut, die ausdrücklich nicht die Justiz einschalten wollten. In einem Solidaritäts-Brief
beklagte kurz darauf der Papst die „bedauerlichen Methoden“ der Ermittler; der belgische
Botschafter wurde zu Erläuterungen in den Vatikan einbestellt. Belgiens Kirche ist
ähnlich vom Thema Missbrauch betroffen wie die Ortskirchen in Irland, Deutschland
und den USA. Im April gab der Bischof von Brügge zu, jahrelang einen jungen Mann aus
seiner Verwandtschaft missbraucht zu haben; daraufhin wurde er binnen Stunden von
Papst Benedikt seines Amtes enthoben.
Wenn die Razzia am Sitz der Bischofskonferenz
tatsächlich als „irregulär“ zu betrachten ist, dann bedeutet das wohl das Aus für
die Untersuchung der Brüsseler Justiz über den kirchlichen Umgang mit Missbrauchsfällen.
Das meint die belgische Tageszeitung „Le Soir“. Unterlagen, die auf irreguläre Weise
in die Hände der Justiz gelangten, seien schließlich „nicht mehr als Beweismaterial
zulässig“. Allerdings werde man erst im September Gewissheit darüber haben.