2010-08-14 10:03:02

Belgien: „Razzia war irregulär“


Die Brüsseler Staatsanwaltschaft ist offenbar der Ansicht, dass die Razzia bei einem Treffen der belgischen Bischofskonferenz „irregulär“ war. Die Großaktion, bei der Unterlagen zum kirchlichen Umgang mit Missbrauchsfällen beschlagnahmt wurden, „gingen zu weit und waren nicht vom Durchsuchungsbefehl des Untersuchungsrichters gedeckt“. Das sagte der Anwalt des Erzbistums Brüssel, Fernand Keuleneer, am Freitag auf einer Pressekonferenz. Die Staatswanwaltschaft selbst und der zuständige Richter wollten sich nicht dazu äußern.

Es war eine Razzia, gegen die sogar der Vatikan protestierte: Am 24. Juni suchten Ermittler u.a. die Bischofsresidenz von Malines heim, wo gerade die belgischen Bischöfe tagten. Den Oberhirten wurden die Handys abgenommen, mehrere Stunden lang wurden sie de fakto im Tagungsraum eingeschlossen; Kardinal Godfried Danneels wurde verhört, Bischofsgräber auf der Suche nach versteckten Papieren aufgebohrt. Die Ermittler nahmen die Unterlagen einer Kommission zu Missbrauchsfällen mit, woraufhin diese Kommission geschlossen zurücktrat: Schließlich hatten sich ihr auch viele Missbrauchsopfer anvertraut, die ausdrücklich nicht die Justiz einschalten wollten. In einem Solidaritäts-Brief beklagte kurz darauf der Papst die „bedauerlichen Methoden“ der Ermittler; der belgische Botschafter wurde zu Erläuterungen in den Vatikan einbestellt. Belgiens Kirche ist ähnlich vom Thema Missbrauch betroffen wie die Ortskirchen in Irland, Deutschland und den USA. Im April gab der Bischof von Brügge zu, jahrelang einen jungen Mann aus seiner Verwandtschaft missbraucht zu haben; daraufhin wurde er binnen Stunden von Papst Benedikt seines Amtes enthoben.

Wenn die Razzia am Sitz der Bischofskonferenz tatsächlich als „irregulär“ zu betrachten ist, dann bedeutet das wohl das Aus für die Untersuchung der Brüsseler Justiz über den kirchlichen Umgang mit Missbrauchsfällen. Das meint die belgische Tageszeitung „Le Soir“. Unterlagen, die auf irreguläre Weise in die Hände der Justiz gelangten, seien schließlich „nicht mehr als Beweismaterial zulässig“. Allerdings werde man erst im September Gewissheit darüber haben.

(afp 14.08.2010 sk)







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