Duisburger Stadtdechant: Bedürfnis nach gemeinsamer Trauer
Fassungslosigkeit
und die Frage nach dem Warum bestimmten den zweiten Tag nach dem Unglück von Duisburg.
Nach der Massenpanik mit 19 Toten gibt es Hinweise auf Sicherheitslücken in der Planung
bei der Großveranstaltung „Loveparade“. Gerhard Lücking ist der katholische Stadtdechant
in der „Unglücksstadt“ im Ruhrgebiet. Er sagte im Interview mit dem domradio:
„Die Leute, die ich bis jetzt getroffen habe, sind natürlich alle bestürzt und fertig.
Eine ganze Reihe von denen, die auf dem Gelände waren, erzählen mir auch von ihren
unterschiedlichen Erfahrungen, auch von der Fassungslosigkeit über das, was da passiert
ist. Aber auch von den Engpässen, die es da gegeben hat. Viele sind auch erschüttert
darüber, wie das organisiert war. Offensichtlich muss es da wohl erhebliche Pannen
gegeben haben. Wen ich auch immer gesprochen habe, das erste Thema ist immer diese
schreckliche Katastrophe und auch die tiefe Bestürzung. Auch manchmal Wut und Ärger,
wie das da abgelaufen ist, also sehr unterschiedliche Reaktionen und natürlich eine
ganz, ganz tiefe Trauer.“ Dabei gehe es nicht nur um zufällige
Begegnungen oder Gespräche nach dem Sonntagsgottesdienst. Die Menschen in Duisburg
würden sich gezielt an den Stadtdechanten wenden. „Ich bin gestern
mehrfach angerufen worden, wann ein Gottesdienst stattfindet. Ich kann es noch nicht
sagen. Es ist ein großes Bedürfnis da, dass auch ein Raum da ist für Trauer. Ich habe
mit meinem evangelischen Kollegen gesprochen, dass wir solche Räume auch wahrscheinlich
dann anbieten werden. Wichtig war, es in allen Gottesdiensten, die ich gehalten habe,
zum Thema zu machen. Wir haben entsprechend der Bitte unseres Bischofs und des Papstes
für die Opfer, aber auch vor allen Dingen für die Angehörigen, für die vielen, die
damit umgehen müssen, die geradezu von diesem Ereignis traumatisiert sind, gebetet.“ Der
Wunsch der Menschen nach einer gemeinsamen Trauerfeier oder einem festen Gebetsraum
sei Zeichen dafür, dass sie jetzt Nähe und Halt suchten. Der Stadtdechant: „Dass
gerade Menschen, die ihr Vergnügen und Freude haben wollten, auf einmal spüren, da
ist noch etwas anderes da - das merke ich. Dass da dann letztlich auch der Raum fehlt,
wo man seine Trauer lassen kann und wo doch auch etwas wie Hoffnung zum Ausdruck gebracht
wird, dass nicht alles damit aus ist.“ (domradio 26.07.2010 kk)