Endlich etwas Positives
aus Afghanistan: Die Beschlüsse der Konferenz vom Dienstag sind international begrüßt
worden. Vor allem führende Politiker aus den USA, Großbritannien und Deutschland sehen
eine positive Entwicklung. Aber es gibt auch Kritik. Zur Erinnerung: Zum ersten Mal
seit Beginn des Konfliktes am Hindukusch trafen sich hochrangige Vertreter der westlichen
Regierungen in dem Land, in dem sie seit acht Jahren Truppen stationiert haben.
Gut
geschützt hinter meterhohen Betonwänden, Stacheldraht und Panzerglas berieten u.a.
der der deutsche Außenminister Guido Westerwelle und seine US-amerikanische Amtskollegin
Hilary Clinton über die Zukunft des Landes. Zentrale Frage war: Wann übernehmen afghanische
Truppen das Kommando über die Sicherheit im Land? Die katholische Hilfsorganisation
Caritas international leistet seit Jahren in Afghanistan Hilfe, wir fragten ihren
Präsidenten, Oliver Müller, was die Konferenz für Afghanistan bedeutet.
„Das
ist schwer zu sagen. Mein Eindruck von der Konferenz ist, dass die Konferenz eher
die Bedürfnisse der westlichen Geberstaaten widerspiegelt, nämlich nach einer Festschreibung
des Abzugstermins und weniger die tatsächliche Realität in Afghanistan. Ich habe volles
Verständnis dafür, dass die westlichen Regierungen angesichts des Drucks aus ihren
Bevölkerungen auf einem baldigen Abzugstermin bestehen. Gleichzeitig sind die Verhältnisse
in Afghanistan momentan so schwierig, dass ich Bedenken habe, ob die gestern verabschiedeten
Beschlüsse auch wirklich durchzuhalten sind.“
Kürzlich hat die deutsche
Bundesregierung das „Konzept der vernetzten Sicherheit“ entworfen, demnach soll es
eine politisch-militärische Gesamtstrategie für Afghanistan geben. Will heißen: Wenn
Hilfsorganisationen aus einem Topf des Bundes Geld wollen, werden sie in diese Gesamtstrategie
eingebunden. Oliver Müller meint dazu:
„Wir hatten in den letzten Jahren
immer wieder darauf hingewiesen, dass es ganz wichtig ist, die militärischen von den
humanitären Aufgaben zu trennen. Wir sind als humanitäre Organisation darauf angewiesen,
völlig unabhängig zu arbeiten. Das bedeutet nicht, dass wir nicht die Arbeit der Bundeswehr
schätzen, aber beide Bereiche dürfen nicht miteinandere vermischt werden. Das würde
Mitarbeiter massiv gefährden und das unabhängige Mandat einer Hilfsorganisation wie
Caritas international beeinträchtigen.“
Der große Beschluss bei der Konferenz
war aber der vorläufige Abzugstermin der westlichen Truppen im Jahr 2014. Das müsse
man kritisch sehen, meint der Präsident von Caritas International, gerade jetzt seien
die Verhältnisse schwieriger denn je, allein im Juni seien 103 ausländische Soldaten
umgekommen, Aufständische kontrollierten große Teile des Landes, Drogenhandel und
Korruption seien an der Tagesordnung im zweitärmsten Land der Welt. Und trotzdem ist
die Arbeit der Caritas in Afghanistan ein Hoffnungsschimmer.
„Wir sind sehr
zufrieden, wie das mit den Projekten vorangeht, weil wir mit zahlreichen lokalen Hilfsorganisationen
zusammenarbeiten und haben den Eindruck, dass wir das Vertrauen der Bevölkerung in
den Landesteilen, in denen wir arbeiten, auch gewinnen konnten. Die Menschen sind
enorm dankbar für die Hilfe, die von außen kommt, sie wissen das sehr zu schätzen.
Das ist wirklich ein großes Zeichen christlicher Nächstenliebe über diese Entfernung
hinweg, über Religionen hinweg zu helfen – das wird sehr wertgeschätzt.“