Das Ende der Fußballweltmeisterschaft wurde von blutigen Anschlägen
in Afrika überschattet. Während der Übertragung des Endspiels am Sonntagabend sprengten
sich in Uganda islamische Extremisten in zwei Lokalen in die Luft. Sie rissen mindestens
74 Menschen mit in den Tod. Zu den Anschlägen bekannten sich islamische Extremisten
aus Somalia; nach Angaben der ugandischen Regierung wurden inzwischen mehrere mutmaßliche
Tatbeteiligte festgenommen. Werfen wir einen Blick auf das Land am Horn von Afrika,
aus dem die Attentäter kommen. Axel Rottländer ist Mitarbeiter des Hilfswerkes „Care“
und dort zuständig für Somalia. Zu den Hintergründen des Extremismus in Somalia sagte
er uns im Interview: „Das größte Problem in Somalia
ist die fehlende Regierung; seit 1991 gibt es dort keine Führung mehr. Seitdem herrscht
dort ein Durcheinander von verschiedenen Interessen der Nachbarländer und verschiedener
kultureller, religiöser und wirtschaftlicher Gruppen innerhalb des Landes. Und es
gibt auch Interessen, die von weit her, zum Beispiel von den USA herrühren.“ Seit den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Äthiopien
und somalischen Islamisten Ende 2006 flammten rund um Mogadischu immer wieder Konflikte
auf, an denen verschiedene ethnische und religiöse Gruppen beteiligt waren. Die USA
verstärkten seitdem ihren Kampf gegen islamistische Organisationen wie die radikalislamische
Miliz El Shabaab und El Kaida von Äthiopien aus. Dazu Rottländer: „Es
ist bekannt, dass die USA seit der Machtübernahme der Islamisten doch etwas besorgt
sind, dass Somalia ein Gebiet wird, das Al Kaida als Rückzugs- und Ausbildungsort
dient.“ Selbst für vor Ort operierende
Hilfsorganisationen sei es schwierig, die landesinternen Machtkämpfe noch zu überblicken.
Besonders im Zentrum und Süden des Landes herrsche Anarchie. Das habe zuletzt auch
Konsequenzen für die humanitäre Arbeit gehabt und auch für die Versuche der internationalen
Gemeinschaft, das Land zu befrieden: „Für Hilfsorganisationen
wie Care war das eine sehr schwierige Situation. Wir haben unsere Mitarbeiter abziehen
müssen, ganz einfach, weil wir bedroht worden sind. Ein Mitarbeitet ist entführt worden.
Auch die internationale Gemeinschaft kann in dem Land nicht arbeiten: Selbst das Welternährungsprogramm
musste seine Tätigkeit in Zentral- und Südsomalia einstellen. Der Eindruck, der sich
aufdrängt, ist: Dass sich die internationale Gemeinschaft kaum noch die Finger verbrennen
will. Sie versucht zwar, die Piraterie auf dem Seeweg zu stoppen, aber es geht eigentlich
keiner mehr an Land.“ Ein zweites
großes Problem in Somalia sie die allgemeine Armut. Der Großteil der Bevölkerung lebt
als Nomaden und ist auch auf Wasser für Vieh angewiesen. Dazu Rottländer: „Man
könnte sagen, in einem funktionierenden Staat wären Dürren und Trockenperioden kontrollierbar.
Jetzt funktioniert dieser Staat aber nur in Ansätzen. Es gibt zwar auf Gemeinde- und
Dorfebene funktionierende Strukturen, nur sind die natürlich nicht in der Lage, für
tausende Menschen, die Wassermangel und Lebensmittelknappheit erfahren, die Versorgung
zu organisieren. So potenziert sich alles.“ (rv
17.07.2010 pr)